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Sonntag, 22. Juni 2008

220608/ Marion Starke/ Bellinis Sacra C.

Giovanni Bellini: "Sacra Conversatione" in der Kirche San Zaccaria in Venedig, gemalt 1505.

Nun stehe ich vor Bellini. Ich will mich hinzu gesellen zu dieser "Sacra Conversatione". Will dieser heiligen Unterhaltung lauschen. Worin besteht diese Unterhaltung zwischen der Muttergottes und dem Jesu Kind und den vier Heiligen: Katharina, Hieronymus, Luzia und Petrus? Alle Figuren sind weder mit Blicken noch mit Worten einander zugekehrt. Sie schauen nach innen und genießen das Sakrament der Stille. Zufriedenes Einverständnis. Zu Füßen der Muttergottes auf den Stufen des weißem Marmorthrons sitzt ein weiterer Gesprächsteilnehmer an der Sacra Conversazione des Giovanni Bellini: ein musizierender Engel. Er blickt mich an und sagt “...es ist gut hier zu sein” und es erklingt diese unhörbare Musik. Ich bin im Bilde.

Nur Künstler, Heilige und Kinder können diese innere Stille der Heiligen Unterhaltung entstehen lassen. Sie sind in Stille mit Gott.

Freitag, 16. Mai 2008

Bildbeschreibung/Juliane Link/ Tizians Pesaro-Madonna

Ekphrasis zu Tizians Altarbild der Pesaro-Maodonna von 1526 (für die Seitenkapelle der Frari Kirche)

Im unteren Bilddrittel befinden sich zwei Figurengruppen, die zur Rechten und zur Linken des Heiligen Petrus knien, der auf einem durch zwei Stufen erhöhten Podest zu sitzen scheint. Seine rechte Hand hat er zwischen die Seiten eines aufgeschlagenen Buches gelegt. Während rechts von ihm ein dunkel gekleideter Mann eine rote Fahne schwenkt, auf der deutlich ein Wappen zu erkennen ist, befindet sich zu seiner Linken ein Sockel aus Stein, auf dem die Muttergottes mit dem Jesuskind thront, allerdings nicht in der gewohnten statischen, ikonenhaften Haltung und frontaler Ansicht, sondern als lebensnahe Figur, die sich leicht zu Petrus hinunterbeugt, als wollte sie in dem aufgeschlagenen Buch lesen. Das nackte Kind in ihren Armen ist ebenfalls in Bewegung, es hat das linke Bein erhoben und greift mit der linken Hand hinter sich in das weiße Kopftuch Marias, die leichte Drehung des Körpers verleiht der Bewegung beinahe etwas tänzerisches und wirkt verspielt, nicht mehr statuenhaft und versteinert wie bei ältern Darstellungen dieser Art.

Zu Füßen des Jesukindes befinden sich aufrecht stehend der Heilige Domenicus im einer dunkelbraunen Kutte und hinter ihm ein weiterer Mann, von dem jedoch nur das Gesicht zu erkennen ist, da sein Körper im Schatten liegt. Am rechten unteren Bildrand knien vier Männer in vornehmen Gewändern und zwischen ihnen ein Junge, der den Betrachter als einziger unverwandt ansieht. Bei den Gläubigen, die die Hände wie zum Gebet aufeinander gelegt haben, handelt es sich um Angehörige der Familie Pesaro, die Stifter des Bildes.

Über die Figurengruppe, die entlang einer von rechts nach links verlaufenden Diagonalen bis zur Madonna aufsteigt, erheben sich im Hintergrund zwei mächtige Säulen, hinter denen sich ein leicht bewölkter Himmel öffnet. Die obere Bildzone des Hochformats schließt in einem bogenförmigen Halbrund ab, das sich in die Architektur des Kirchenschiffs einpasst, sodass die umgebenden Säulen und Rundbögen mit der innerbildlichen Architektur korrespondieren und die Grenzen zwischen Bild und Realität verwischen. Am oberen Bildrand, direkt unter dem Rundbogen schweben zwei geflügelte Putten auf einer Wolke und halten ein Kreuz, jedoch nicht senkrecht sondern so, dass es die Diagonale der Figurengruppe im unteren Bildteil wiederholt.

Ein besonderes Gestaltungskriterium, das dem Bild seine Vitalität und Ausdruckskraft verleiht, ist die Farbe, für Tizian Grundsubstanz seiner Malerei. Hierbei fällt auf, dass die Figuren an den Bildrändern in dunkeln, unauffälligen Farben gestaltet sind und sich nur wenig von den dunklen Steinsäulen abheben. Petrus, der sich in der Bildmitte befindet erstrahlt stattdessen in einem ultramarinblauen Gewand, dessen Farbe sich im Mantel der Maria wieder findet, um seine Hüften ist ein gelbes Tuch geschlungen, sodass ein belebendener Farbkontrast entsteht. Die Muttergottes trägt ein leuchtend rotes Kleid, im gleichen intensiven Farbton ist außerdem die Fahne am gegenüberliegenden Bildrand gestaltet, die dadurch eine besondere Bedeutung erhält und mit Maria in Zusammenhang gebracht werden könnte. Auch das Gewand des Stifters der direkt unter der Muttergottes steht ist von besonderer Farbigkeit, ein dunkles Karminrot durchdringt den wertvollen Stoff. Da das Bild außer dieser starken Farbakzente in dunklen, gedämpften Farben gestaltet ist, treten die hellen Hautpartien hervor, sodass die Gesichter sowie die nackten Körper der Engel und des Christuskindes dem Betrachter besonders ins Auge fallen.

Die Bildkomposition sprengt den üblichen Rahmen einer Sacra Conversazione, bei der die Madonna mit dem Kind auf der Mittelachse im Zentrum des Bildes positioniert wird, während sich die Heiligen zu beiden Seiten in symmetrischer Anordnung um die Muttergottes scharen. Tizian rückt die Muttergottes aus dem Zentrum, verleiht ihr jedoch trotzdem eine herausragenden Stellung innerhalb der Bildkomposition, indem er sie an den höchsten Punkt einer Dreieckskonstellation setzt, sodass ihre Gestalt die restlichen Figuren überragt und die Diagonalen auf sie zu führen. Durch das Verrücken der Madonna wird die Statik der Komposition aufgebrochen und die einzelnen Figuren erhalten einen „Bewegungsspielraum“. Eine weitere Besonderheit des Bildes entsteht durch das Verschmelzen zweier getrennter Bildtypen, die Tizian mit der Pesaro-Madonna in einem Bild vereint: Bisher war es nicht üblich gewesen neben den Heiligen auch die Stifter an der Sacra Conversazione teilhaben zu lassen, diese wurden vielmehr auf Votivbildern dargestellt. Tizian erneuerte auf diese Weise das Altarbild, da er die Gläubigen in das Geschehen mit hinein nahm und ihnen einen Zugang zu den Heiligen und der Muttergottes schuf, deren Unnahbarkeit zugunsten einer größeren Ausdruckskraft und Vitalität aufgegeben wurde.

Bildbeschreibung/ Hanna Breinlinger/ Bildbeschreibung der "Pala di San Zaccaria“ von Giovanni Bellini

Hanna Breinlinger (Mai 08)


Bildbeschreibung der „Pala di San Zaccaria“ von Giovanni Bellini


Das Bild zeigt eine Menschengruppe in einem offenen Raum. Der Raum ist nach beiden Seiten, nach oben und nach vorne geöffnet, nur nach hinten ist er geschlossen. Von den Seiten fällt Sonnenlicht ein, die angedeutete Vegetation sieht gesund aus & nach den kleinen weißen Wolken am Himmel zu urteilen, weht vielleicht sogar ein frisches Lüftchen. Trotz dieser sommerlichen Außenstimmung wirken die Personen im Bild ernst und schwer. Manche Gesichter sind besonders versunken & in Schatten getaucht. Auf die Frau in der Mitte fällt das meiste Licht. Sie trägt einen weißen Schleier, ein rotes Kleid und hat einen blauen Umhang auf ihren Knien liegen. Vielleicht hat sie sich doch ein bischen erwärmen lassen & ihn ausgezogen? Auf diesem Umhang & ihren Knien, gehalten von ihren Händen, steht ein kleiner nackter Junge. Seine bleiche Haut reflektiert das Sonnenlicht, das hier, im Bildmittelpunkt, am hellsten strahlt, besonders stark. Rechts und links der Madonna & ihrem Kind stehen in perfekter Symmetrie jeweils ein Mann und eine Frau. Die Männer sind die Bild-Ältesten und stehen ganz vorne am Rand des Bildes. Der Rechte trägt einen roten Mantel samt Kapuze & ist in die Lektüre eines dicken Buches versunken. Der Mann links hat die Lektüre bereits beendet, er hält sein Buch unter dem linken Arm, den Kopf geneigt, den Blick gesenkt. Einerseits wirkt er wie versteinert, andererseits meint man, er sei gerade im Begriff, das Bild zu verlassen, seine rechte Hand und das linke Knie deuten eine Gehbewegung an. Hinter ihm steht eine braunhaarige Frau. Aufgrund der Haarfarbe, der dunkelgrünen & auberginefarbenen Kleidung & weil sie in der Schattenseite der kleinen Kapelle steht, ist das Bild hier am dunkelsten. Ihr gegenüber, denn die beiden Frauen sind der Madonna und einander zugewandt, steht die andere Frau. Sie trägt ein hellviolettes, reich besticktes Gewand & ihre blonden Haare offen. In der einen Hand hält sie ein Glas mit einer grünliches Flüssigkeit, in der anderen eine lange weiße Feder oder eine Art Schilfblatt. Auch die brünette Frau hält ein solches Ding, legt es sich über die Schulter. Lässig, könnte man sagen, wäre da nicht dieser ernste Gesichtsausdruck, der bei ihr am ausgeprägtesten wirkt.
In der Bildmitte, unterhalb der Maria sitzt die einzige Person, deren Blick nicht gen Boden, sondern leicht am Betrachter vorbei geht, ein kleines Mädchen, das Geige spielt.
Über der Madonna erscheint ein weiteres Gesicht, das eines bärtigen Mannes mit Krone. Es ist aus Stein gehauen und schmückt den Thron der Madonna. Über dem Thron erstreckt sich eine prächtige Mosaikkuppel, in ihrem Grundton bräunlich-golden & ausgreifend verziert mit floralen Ornamenten. Der Raum ist weniger eine Kapelle als eine Art Open-Air-Bühne, in deren Halbrund der Madonnenthron steht. Eine weiterführende Decke ist architektonisch angedeutet, jedoch in dem gleichen Himmelblau bemalt wie die seitlichen Außenflächen. Direkt aus dem Himmel hängt nun eine Kette, an der ein großes Ei hängt, Zeichen der unbefleckten Empfängnis Mariens, und weiter unten, aber immer noch hoch über dem Kopf Marias, eine Öllampe. Deren Licht wird jedoch nicht benötigt, da genügend Tageslicht von rechts und links einfällt.
Diese Außenbühne, auf der die Madonna & ihre versteinert wirkende Gesellschaft sich präsentieren ist nun aber keine tatsächliche Bühne, sondern eine gemalte, ebenso wie alles andere Beschriebene gemalt ist. Es handelt sich um das Altarbild in der Venedig-Kirche San Zaccaria, das im Stile einer sacra conversazione die Architektur des tatsächlichen Kirchenbaus weiterführt und gleichzeitig einen neuen Raum aufmacht. Trotzdem bleibt dieser Raum ein zweidimensionales Gemälde auf einer Leinwand, die in den Rundbogen über dem Altar des linken Seitenschiffes eingelassen ist. Das Bild wurde 1505 von Giovanni Bellini ursprünglich auf eine Holzplatte gemalt, im 18. Jhd. jedoch von Napoleons Truppen nach Paris entführt & dort auf eine Leinwand übertragen. Im Laufe der Jahrhunderte und mehrerer Restaurierungen wurde das eigentliche Raumkonzept des Bildes mehrfach geändert. Nun wird die Architektur im Bild oben und unten durch plump wirkende Steinbalken ausgebremst, die die typisch venezianische Bildharmonie stören & eine fließende Anpassung in die tatsächliche Kirchenarchitektur behindern. Auch der rot-weiß-gekachelte Fußboden, auf dem die Figuren stehen, wurde vorne beschnitten & wirkt nun recht knapp bemessen, so dass die Heiligen von ihrer Bühne zu fallen drohen.
Konzentriert man sich jedoch vom Gesamteindruck auf die Personengruppe in der Bildmitte, findet man in diesem Meisterwerk des damals 70-jährigen Bellinis nach wie vor die Harmonie der venezianischen Malerei im 14. und 15. Jahrhundert.
Bei den Personen handelt es sich um den heiligen Hyronimus, dem dieser Altar gewidmet ist, den heiligen Petrus, Katharina von Alexandrien und Lucia. Das musizierende Mädchen zu den Füßen Marias ist ein Engel, wenn auch ohne Flügel.
Die Versunkenheit der Figuren – jede steht und gedenkt für sich, doch in ihrer Andacht sind sie vereint – ist das große inhaltliche Merkmal der sacra conversazione, die über die Darstellung von in Andacht versunkenen Heiligen auch die Gläubigen vor dem Bild zur innerlichen Unterhaltung mit dem Göttlichen anregen möchte.