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Sonntag, 22. Juni 2008

220608/ Marion Starke/ Tintorettos Verkündigung

Jacopo Tintoretto: "Die Verkündigung". 1583–1587, Scuola Grande di San Rocco, Venedig

Die Malschule Scuola Grandi di San Rocco aus dem 16. Jh. ist durch ihren außerordentlichen Besitz über sechsundfünfzig Bilderzyklen von Tintoretto berühmt. Alle drei Säle der Scuola wurden von Tintoretto mit Gemälden bestückt/beschmückt, auch die Deckengemälde stammen von ihm, so dass die Scuola als sein Gesamtwerk angesehen werden kann. Die Gemälde sind eine der bedeutendsten Bildersammlungen der Welt und der umfangreichste biblische Zyklus der ital. Kunst. Angefangen mit Adam und Eva, hat Tintoretto bis hin zur Erlösung der Menschen durch den Opfertod Christi den christlichen Glaubenskosmos entworfen.

Das Bild, das dem Besucher der Scoula di San Rocco als erstes ins Auge fällt, ist die Verkündigung des unteren Saals. In besonders dynamisch-dramatischer Weise erzählt Tintoretto hier die Verbindung der tranzendenten und der irdischen Welt.

Erzengel Gabriel fliegt in vollem Schwung ins Gemach der Maria. Das Haus ist einem Abbruchhaus gleich: bröckelnde Wände, ohne Tür und Fenster. Im Kontrast dazu stehen der Fußboden aus zweifarbigem Marmor und die kostbare Kassettendecke. Vor allem aber der prächtig rot leuchtende Baldachin, der üppig über das Bett im Hintergrund trohnt. Die jungfräuliche Maria, fleißig und fromm, mit Nähkorb, Spindel und Lektüre im Schoß. Sie wird überrascht vom Einfall Gabriels. Überfall. Über ihm fliegt eine ganze Putti-Schar. Wirbelwind. In helldunkelen Lichtern und Schatten überstrahlt die Taube des Heiligen Geistes das Geschehen. Der bibelkundige Bildbetrachter weiß um die Verkündigung und den Verweis auf die Taube: “Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten.” (Lk 1,35).

Im linken Teil des Bildes, draußen, vor einem hellen Morgenhimmel, sägt der tüchtige Josef Holzbretter zurecht. Er arbeitet an der Wiederherstellung einer venezianischen Palastruine. Alles recht virtuos gemalt. Ein Rebus ist der leere Stuhl. Ein ganz einfacher Stuhl, in der Mitte des Bildes angeordnet, grad unter dem leuchtenden Erzengel, und gegenüber der erschrockenen Maria. Ein Sperrmüllstuhl mit zerschlissenem Bastgeflecht. Ein Platz. Ein Platz für wen auch immer.

Sonntag, 15. Juni 2008

Textentwurf zu Bildern Carpaccios/ Juliane Link

der Kenntnisreiche:

Wir befinden uns hier in der Scuola di San Giorgio degli Schiavoni, Gildehaus der Laienbruderschaft der Dalmatiner, gegründet 1451. Das Gebäude stammt aus dem 16. Jahrhundert.

die Dame:

Mittags, wenn die Sonne zu Stechen beginnt, in den Gassen wechselt gleißendes Licht mit harten Schatten, besuche ich sie, deine Gestalten im Halbdunkel der Scuola. Sie sind mir vertraut, ich kenne ihre Gesichter, ihre Gesten, könnte blind den Faltenwurf ihrer Gewänder nachzeichnen oder die Form ihrer Schatten. Links von mir der Drache, der sich vor Schmerz aufbäumt, vorn Musik und Getümmel über der Holzvertäfelung, rechts fliehen Mönche Richtung Bildrand. Ich bin müde, setzte mich auf eine der Bänke aus dunklem Holz, stütze den Kopf auf die rechte Hand, schließe die Augen. Als ich erwache sitzt du neben mir und zeichnest, später finde ich meine Züge wieder in Ursulas Gesicht, so also sehe ich aus mit geschlossenen Augen. Ursula liegt regungslos, die Decke bis unters Kinn gezogen, so ordentlich schlafe ich nicht, so gerade. Du träumst auch nicht von Engeln, sagst du. Wie Ursula schlafen nur Tote und Heilige.

der Kenntnisreiche:

Im Untergeschoß ist der Gemäldezyklus vollzählig erhalten, den Vittore Carpaccio in den Jahren 1502 bis 1507 für die Scuola gemalt hat. Sehr bedeutend für die venezianische Kunst, für die Kunstgeschichte überhaupt. Sie werden sehen.

die Dame:

Ich suche nach einer Jahreszahl, ich habe Zahlen nie leiden können, hatte immer Schwierigkeiten sie mir zu merken, jetzt brauche ich sie, um die inneren Bilder zu ordnen, ich hänge meine Erinnerungen an ihnen auf, wie Wäschestücke an einer Schnur, zwischen zwei Häuserwände gespannt, der Wind fährt hindurch, kühlt mir für einen Moment das Gesicht. Es ist schwül, die Luft schwer von Feuchtigkeit, die Wäsche trocknet langsam, wie die erste Farbschicht auf deiner Leinwand. Ich habe sie wahllos in eine Reihenfolge gebracht, die abgetragenen Stoffe, zwischen ihnen klaffen Lücken im Erinnerungsgewebe, Leerstellen, die mir die Dinge isolieren, hätte ich die Zahlen nicht, die Zeitschnur, die Verbindungslinie.

1502. Es war 1502, kurz nach der Jahrhundertwende, in der Stadt, die noch immer laut und fröhlich ist, mir zu bunt, zu leutselig, in der Stadt ein seltsames Vibrieren, es liegt etwas in der Luft, sagst du. Vielleicht wieder die Pest, sage ich.

der Kenntnisreiche:

Zu Ihrer Linken sehen Sie die an der Legenda aurea orientierte Geschichte des Heiligen Georgs mit dem Drachen, in drei Phasen und drei Leinwandbilder unterteilt. Der Heilige Georg, Drachentöter und Märtyrer, wird in der Ostkirche besonders verehrt.

die Dame:

1502 also bekamst du den Auftrag. Dein zweiter großer Auftrag, nach der Heiligen Ursula. Sie bringt dir Glück, sage ich. Du bringst mir Glück, sagst du.

der Kenntnisreiche:

Als Heiligenattribute dienen ihm eine Lanze und manchmal Palmen. Als Schutzheiliger hilft Georg gegen die Pest, sorgt für gutes Wetter und beschützt das Byzantinische Reich.

die Dame:

Nach Ursula jetzt also der Heilige Georg. Ein gutes Motiv sagst du, ein Spannungsmoment, eine Geschichte. Das ist dir lieber als die stillen Anbetungsszenen der Sacra Conversazione, in denen die Figuren doch schweigen müssen, in denen du das Heilige malen sollst, nicht aber das Gespräch. Ganz anders beim Heiligen Georg, dem Ritter, der auszog, um Silena von einem Untier zu befreien, einem Drachen, der die Stadt tyrannisierte: er verpestete die Luft mit seinem Feueratem, verschlang zweimal täglich ein Schaf, forderte bald Menschenopfer, die Prinzessin zuerst. In deinen Bildern wirst du die Geschichte verdichten, die wenigen Momente herausfiltern, die alles entscheiden, Schlüsselszenen mit dem Pinsel erzählen.

der Kenntnisreiche:

Der christliche Drache ist der Widersacher Gottes, er verkörpert das Prinzip des Dunklen, Ungeheuren, Bedrohlichen und Bösen. In der biblischen Apokalypse bezwingt der Erzengel Michael einen feuerroten, siebenköpfigen Drachen, im Drachenkämpfer Georg findet der Heilige Michael sein Ebenbild auf Erden. Den Kampf mit dem Drachen aufzunehmen, das ist die Aufgabe des Ritters in der mittelalterlichen Ideologie. Wer zum Ritter geschlagen wird, der muss seinen Drachen suchen und überwinden.

die Dame:

Der Drache fletscht die Zähne, länglicher Kiefer, lückenlose Zahnreihe, hundert winzige, osmanische Dolche im Maul, zieht durch die Nasenlöcher Luft ein, reißt den Rachen auf. Das Pferd, nur einen halben Meter entfernt, schirrt aus, bäumt sich auf, die Vorderhufe erhoben, der Kopf geneigt, schon halbabgewandt zur Flucht, dann aber Georg, entschlossener Blick, wehendes Haar, Georg aufrecht im Sattel, die Rüstung, ein schwarzer Panzer, glänzt im Sonnenlicht, Georg, den Kopf nach vorn gebeugt, sieht der Gefahr ins Gesicht, unerschrocken, furchtlos, stürmisch, sticht zu, durchbohrt den Schädel des Untiers mit seiner Lanze, ihre Spitze bricht am Hinterkopf des Drachens hervor, mit solcher Wucht hat Georg zugestoßen. Der Drache verdreht die Augen, die Pupillen rutschen nach oben, aus seinem Maul fließt Blut, die Ohren erschlaffen, die Flügel noch vor Anspannung gespreizt, erstarren, an den Hinterbeinen stellen sich die Haare senkrecht, der Schwanz windet sich im Schmerz, der Kampf ist entschieden.

der Kenntnisreiche:

Der Heilige Georg war Soldat. Er wurde von den Venezianern besonders verehrt, seitdem sie in langjährige Konflikte mit den Türken gerieten. Die Türken bedrohten die Vormachtstellung Venedigs im Mittelmeerraum. Denn sie waren im Laufe des 15. Jahrhunderts immer weiter in venezianisches Territorium vorgedrungen und hatten 1453 Konstantinopel erobert. Der Drache also auch als Sinnbild für das türkische „Monster“, der christliche Ritter für die Streitmacht Venedigs.

die Dame:

Übrigens finde ich sie noch immer widerlich, die Leichenteile, die du über das Schlachtfeld verstreut hast, mir graut es vor deiner Genauigkeit. Totenköpfe, mit halbgeöffnetem Mund, manchmal höre ich sie leise röcheln, ein Gerippe, das die Arme vor der Brust verschränkt, zerfetzte Körper, klaffende Wunden, freigelegte Muskeln, ein angefaulter Fuß, die Haut fahl, an den Rändern gräulich, daneben ein Schädel der aus dem Lehmboden wuchert, ein totes Mädchen mit verstümmeltem Unterleib, Fingerknochen in die Erde verkrallt, dazwischen Echsen, Kröten, Schlangen mit verknoteten Körpern, feuchte, schwarz-grüne Tiere, in deiner Werkstatt kriechen sie lautlos über den Marmorboden, abends riechen deine Hände nach Fäulnis, nach verdorbenem Fisch.

der Kenntnisreiche:

Carpaccios Drache ist nicht schrecklich in seiner Erscheinung, umso schrecklicher aber ist sein Regime, sind die Überreste seines Wütens.

die Dame:

Wie findest du es, fragst du, als das Bild fertig ist, erwartest Bewunderung für deine anatomischen Kenntnisse, die perspektivischen Verkürzungen, die Anschaulichkeit deiner Toten, furchtbar, sage ich, abscheulich.

der Kenntnisreiche:

Nun zum Hl. Hieronymus, der 347 in Dalmatien geboren wurde und zu den vier spätantiken Kirchenlehrern des Westens zählt. Auf der rechten Längswand im Untergeschoß der Scuola di San Giorgio degli Schiavoni sind ihm drei Gemälde gewidmet, ebenfalls Werke Vittore Carpaccios.

die Dame

Wenn ich genug habe vom Drachentöten, drehe ich mich um, wende mich dem Heiligen Hieronymus zu, der dich faszinierte wie kein anderer. Abends sitzt du über seinen Schriften, manchmal liest du mir einen Satz vor, prüfst seinen Klang, sein Gewicht, ich verstehe nur einzelne Worte, mein Latein reicht nicht aus.

der Kenntnisreiche:

Er war Gelehrter und Theologe und übersetzte die Bibel in das gesprochene Latein seiner Zeit. Er pflegte zu sagen:

Hl. Hieronymus:

Sei mir gnädig, Herr, weil ich Dalmatiner bin.

die Dame:

Gemalt hast du ihn bärtig, in hohem Alter wie mir scheint, auf einen Stab gestützt trotzdem aufrecht, sein Körper die einzige Horizontale im Vordergrund, ein Ruhepol, zu dem ich zurückkehre, wann immer ich den Blick schweifen lasse, die Gedanken.

der Kenntnisreiche:

Der Legende nach soll er einen Löwen von seiner Qual befreit haben, indem er ihm einen Dorn aus der Pranke zog. Dieser wurde darauf zahm und ihm ein treu ergebener Gefährte.

die Dame:

In dieser Stadt überall Löwen, steinern, vergoldet, geflügelt. Venedigs Wappentiere immer mit stolzgeschwellter Brust, ganz wie die Männer der Serenissima. Dein Löwe an der Seite des Hieronymus dagegen so wenig überheblich, verzichtet auf Gebrüll, er vertreibt mich nicht.

Dienstag, 20. Mai 2008

Bildbeschreibung/ Kay Steinke/ Frari- Triptychon Teil 5

Im Zentrum des Bildausschnittes befindet sich das blaue Gewand einer Frau. Der Stoff leuchtet, in den Falten bildet sich Schatten. Der untere Teil des Gewandes (Saum) ist rot. Die Trägerin des Gewandes bleibt in dem Bildausschnitt eine Andeutung, man sieht ihre Hand & den dezenten Umriss der linken Gesichtshälfte.

Die Frau im Gewand hebt einen nackten Knaben. Dieser schwebt senkrecht in der Luft, winkelt den linken Arm an & ballt die Hand zu einer Faust. Sein Blick führt aus dem Bildausschnitt & wirkt teilnahms-, orientierungslos & lakonisch.

Zu den Füßen der Frau kniet eine menschenähnliche Gestalt, mit Flügeln & goldenen Locken. Ihre Hände bespielen eine Flöte

Das Figurenensemble (Frau mit Knabe & Engel) befindet sich innerhalb einer goldenen Kuppel. Ein Schriftzug verziert die innere Wölbung der Kuppel.

Ein massiver Rahmen begrenzt den Bildausschnitt nach Oben & nach Unten. Blatt- & Blumenornamente verzieren das dunkle Holz.












Bildbeschreibung/ Janina Rohlik/ Frari-Triptychon Teil 2

Betrachtet wird der zweite Bildausschnitt von rechts (bei einer Unterteilung des Gemäldes in acht Teile) auf dem Frari-Triptychon von Giovanni Bellini, welches sich in der Sakristei der Kirche Santa Maria Gloriosa dei Frari in Venedig zu befindet.

Zu sehen ist auf diesem Bildausschnitt hauptsächlich der Heilige Nikolaus von Bari, neben ihm – nicht ganz vollständig – Petrus’ Profil.

Warum gerade dieser Nikolaus von Bari neben Petrus steht ist fraglich. Ist über ihn doch nichts weiter bekannt, als dass er einen Brief an den Pronotar Friedrich ІІ verfasste und vielleicht eine flammende Predigt hielt, in der er das staufische Haus und die Kreuzzüge verherrlichte.

Diese kruden Aussagen jedoch sind dem Nikolaus auf vorliegender Darstellung nicht unbedingt anzusehen; weder wirkt er besonders größenwahnsinnig noch übertrieben grausam.

In seiner bis auf den Boden reichenden Gewandung füllt Nikolaus beinahe den gesamten Bildausschnitt aus. Nur über seinem Kopf ist ein Stück des dunklen Bildhintergrundes sowie das verzierte Kapitell einer sandsteinfarbenen Säule zu erkennen. Und eben Petrus.

Der Bildausschnitt des Triptychons wird von dem ornamental ausgestalten Rahmen von Jacopo da Faenza gefasst.

Der Rahmen ist figural gestaltet und beinahe in direkter Linie über dem Kopf des Heiligen Nikolaus von Bari sitzt auf dem Rahmen eine geschwungene Säule, die sich am oberen Ende zu einer Flamme ausformt. Die Säule wird zu beiden Seiten von zwei geflügelten Engelwesen gestützt oder vielmehr in anmutiger Haltung der Betrachterin präsentiert. Dabei biegen sich die Rücken der Engel gekrümmt nach hinten, die Unterleibe verschwinden aus dem Bildausschnitt und wecken Assoziationen an meerjungfrauenhafte Fischschwänze.

Ob die Flammensäule das heilige Licht des Petrus’ symbolisiert oder die sprichwörtlich flammende Inbrunst seiner Predigt oder seinen für die Kreuzzüge fiebernden Kampfesgeist? Jedenfalls ist es, wie die Engelsboten zeigen, eine göttlich legitimierte Flamme, die da über dem Heiligen lodert.

Das auf dem Gemälde abgebildete Gesicht des Nikolaus’ ist im Profil zu sehen und von warmem Licht beschienen, das allerdings nur bis auf die Wange reicht; Auge, Nase und Mund sind im Dunkel des Hintergrundes nur ungenau zu erkennen.

Nikolaus trägt eine Halbglatze und einen ergrauten Bart, was auf sein schon fortgeschrittenes Alter verweist. Sein Mund scheint zu einem wohlwollenden Lächeln verzogen.

Vom Betrachter aus gesehen ist links neben dem Kopf des Heiligen das geschwungene Ende eines Stabes, auf den sich Nikolaus stützt, zu erkennen. Links hinter dem Heiligen ist eine leicht gülden gefärbte und erstaunlich helle Säule zu sehen.

Nikolaus ist in einen schweren und dunklen Umhang gekleidet, der von in Rottönen gehaltenem Brokatstoff gesäumt ist, auf welchem Darstellungen von weiteren Heiligen zu vermuten sind. Der Umhang wird über der Brust von einer großen Brosche zusammengehalten.

Unter dem Umhang trägt Nikolaus ein bodenlanges weißes Gewand, das Kleid eines Priesters, welches ebenfalls rote Verzierungen aufweist.

Die rechte der weißen zarten Hände des Heiligen umfasst in festem Griff den prunkvollen Stab, während auf den Fingerspitzen der linken in gezierter Pose ein Buch mit schwarzem Einband und vergoldeten Seiten ruht; vielleicht das Buch Gottes.

Von Betrachterinnen Seite aus gesehen rechts von Nikolaus und hinter ihm, erkennen wir den Heiligen Petrus, dessen Wange und Mundwinkel ebenfalls auf ein Lächeln verweisen. Seine Hand ist zu einer Geste erhoben, deren nähere Bedeutung unklar bleibt.

Was auch in diesem kleinen Bildausschnitt zu erkennen ist, ist die richtungweisende Hinwendung der beiden Heiligen nach rechts (von der Betrachterin aus gesehen), wo wir die Hauptfiguren der Sacra Conversazione vermuten können.

Sonntag, 18. Mai 2008

Bildbeschreibung/ Sina Bengsch/ Thronende Madonna mit Kind und drei musizierenden Engel


Giovanni Bellini „Thronende Madonna mit Kind und drei musizierenden Engeln“

Giovanni Bellini hat die Madonna mit dem Christuskind, das auf dem rechten Bein der Madonna sitzt, in der Mitte des Altarbildes platziert. Sie ist in den, für Maria, typischen Farben rot und blau gekleidet. Während ihre rechte Hand das Christuskind festhält, zeigt ihre linke Hand nach oben. Ihre Augen blicken zum rechten Bildrand und die des Christuskindes zum linken Bildrand. Das Christuskind ist nackt dargestellt. Um seinen Kopf ist ein Heiligenschein durch eine dünne goldene Linie angedeutet. Die Madonna sitzt erhöht auf einem goldenen Thron. Zu ihren Füßen sitzen drei Engel, die Musikinstrumente spielen. Zwei Engel sind in grüne Gewänder gehüllt und einer trägt ein rotes Gewand. Der rechts platzierte Engel und der Engel in der Mitte spielen beide auf einer Laute, der Engel, der links sitzt, spielt auf einer Geige.
Auf der rechten Seite des Thrones steht der heilige Sebastian im Vordergrund. Sein Unterleib ist mit einem weißen Tuch umhüllt und seine Hände kreuzt er hinter seinem Rücken. Sein Körper wird an zwei Stellen durch jeweils einen Pfeil durchbohrt. Der eine Pfeil steckt in Bauchnabel-Höhe in seinem Bauch und der andere in seiner linken Wade. Hinter dem heiligen Sebastian steht, dem Thron am nächsten, der heilige Dominikus. Er trägt eine schwarze Kutte, unter den Ärmeln schaut ein weißes Hemd hervor. Seine Hände halten ein rotes Buch in das er blickt. Ganz außen am rechten Bildrand ist Ludwig von Toulouse platziert. Er ist in ein goldenes Gewand gekleidet und trägt einen kirchlichen Hut auf dem Kopf und einen Stab in der linken Hand.
Auf der linken Seite des Throns, der Madonna am nächsten, steht der heilige Hiob. Sein Unterleib ist, ähnlich wie beim heiligen Sebastian, durch ein rotes Tuch verhüllt. Seine Hände sind betend aneinander gelegt. Neben dem heiligen Hiob steht der heilige Franziskus. Sein Körper ist als einziger der sechs Heiligen nicht zur Madonna gewandt, sondern fast vollkommen frontal zum Betrachter gerichtet. Seine bodenlange Kutte ist braun und durch eine Kordel am Bauch zusammen gerafft. Seine linke Hand hält er vor seinen Oberkörper und die rechte Hand ist nach unten ausgestreckt. Seine Augen folgen der rechten Hand. Hinter dem heiligen Hiob und dem heiligen Franziskus steht der heilige Johannes. Er ist fast vollkommen von ihnen verdeckt, nur sein Kopf ragt zwischen den beiden anderen Heiligen hervor, sowie ein Stück von seinem Gewand.
Wie beim Christuskind sind die Köpfe der sechs Heiligen, mit Ausnahme von Ludwig von Toulouse, mit einer dünnen, goldenen Linie umzogen, die Heiligenscheine darstellen soll.
Über dem Thron hängt eine braune Lampe. Die Lünette dahinter schimmert golden. Es befindet sich ein Schriftzug in ihr und am untersten Rand der Lünette ist ein Kranz dargestellt.

Bildbeschreibung/ Isabel Herling/ Frari Triptychon Teil 1

Eine reich verzierte Säulenarchitektur, ornamentale Reliefs, geschwungene Formen, eine Vielzahl an Details sind zu einem Rahmen zusammengefügt, sind das plastische, reale Tor des zweidimensionalen Bildes.
Säule am linken Bildrand. Zu sehen sind Säulenfuß, Schafft, Kapitell, Fries, Kranz. Es gibt kein schlichtes Element. Floral wirkende Muster wachsen Spross über Spross den Schaft entlang, herz-, fächer-, blätterförmig, sich wiederholend wiederkehrend. Erinnern zum Teil an Knollen und an Blumentöpfe. Am Kapitell im Relief kleine Girlanden. An den Kanten werden sie plastisch, ausformuliert zu schmalen, eingerollten Farnen. Im Fries ein kleines Gesicht mit dicken Backen, nicht zu erkennen ob grimmig oder freundlich die Betrachtenden anschauend. Daneben eine große Blume, etwas größer als der Kopf, umspielt von Blättern. Auf dem Kranz der Säule ragt feierlich, heroisch eine Fackel empor, an der sich geschwungene Formen wellenähnlich nach oben rollen.
Das Tor steht in einem dunklen, einem schwarzen Raum und führt in einen hellen Bildraum. Ein Stückchen blauer Himmel ist zu sehen und eine weitere Säule im Licht viel heller - gelb warm ockerfarben - als die reale Säule am Eingang. Sie trägt ebenfalls Verzierungen im Kapitell, jedoch ist der Schafft schlicht ganz ohne Rankenreliefs. Davor eine dunkelblaue bis schwarze Kutte.

Freitag, 16. Mai 2008

Bildbeschreibung/Nora Wicke/Frari-Triptychon Teil 6

Giovanni Bellini: Das Frari-Triptychon (1488): Sechster Teil:

Sehe ich einen goldenen geschwungenen breiten Rahmen der bestückt mit schmückenden sich schnörkelnden Verzierungen / Formen / Symbolen darauf: ein Krug / ein Krebsskelett (?)/ Mondsicheln aneinandergelehnt / im Übergang zum Bogen ein Eulengesicht darüber ein dickbäckiges Engelsgesicht mit Katzenohren. Rechts an sehr stabil scheinenden Säule lehnt mit geschlossenen Augen roten Strümpfen blauviolettem Umhang dunklen Haaren und dichtem Bart ein dünner Mann, die Hand seines Nebenheiligen an einem weiß/goldenen Stab. Rechts und links auf dem Rahmen die kringelnden goldenen Ausläufer von Figuren.

Bildbeschreibung/ Katharina Stockmannn/ Frari-Triptychon Teil 4

Giovanni Bellini: Frari-Triptychon

Teil 4

Oben und unten durch einen goldenen Rahmen begrenzt zeigt das Gemälde von Bellini die Hälfte einer Nische, in der sich eine große Frauenfigur und ein kleiner Engel befinden.

Eine gemalte Architektur gliedert das Bild in drei Streifen. Ganz oben leuchtet eine goldene Kuppel hervor, die durch einen schwarzen Halbkreis abschließt. Auf der linken Seite trennt ein breiter brauner Balken sie vom Rahmen. Auf dem glänzenden Goldgrund verläuft eine lateinische Schrift in zwei dünnen Zeilen. Nach unten hin schließt ein schmales Band mit kreuzartigen Ornamenten den Bereich der Kuppel ab. Darunter beginnt, markiert durch ein gemaltes Holzsims, der zweite Bildstreifen: Mehr als die Hälfte der dunkelroten, gemusterten Tapete der Nische wird hier vom Körper der sitzenden Frau auf der rechten Seite verdeckt. Ihr Stuhl steht auf einer großen Holzplatte, die von einem schmaleren Sockel mit geometrischen Mustern getragen wird. Der Sockel wiederum wird durch drei Marmorstufen erhöht. Dieses Podest bildet die Grenze zum dritten Streifen des Bild. Der kleine Engel unten links bildet von hier aus eine Diagonale mit der Frauenfigur oben rechts.

Die drei Bildbereiche fallen vor allem durch ihre Farbigkeit auf. Während das leuchtende Gold und das Braun der Kuppel sich ganz unten im Podestaufbau und dem Gewand des Engels wiederholen, wird der mittlere Bereich völlig durch die Farben rot und blau bestimmt.

Vor allem der leuchtend blaue Schleier der Frau fällt sofort auf. Obwohl ihr Körper vom rechten Rand abgeschnitten wird und sie sich nicht im Zentrum befindet, bildet sie den Schwerpunkt des Bildes. Die sitzende Gestalt zeigt sich in Frontalansicht. Der lange Hals und das gleichmäßige und ernste Gesicht sind fast vollständig sichtbar, weil der Kopf leicht nach links geneigt ist. Die linke Hand führt zur rechten Brust, ist allerdings abgeschnitten. Über einem dunkelroten Gewand trägt die Frau einen leuchtend blauen Schleier, der mit einem Diadem am Kopf befestigt ist. Er bedeckt fast ihren gesamten Körper und fällt in verschachtelten Falten bis zu ihren Füßen herunter.

Der Engel steht in gebeugter Haltung unter dem Podest. Er hat einen Fuß auf die erste Marmorstufe gestellt, um seine Laute auf dem Knie ablegen zu können. Seine Figur und sein Gesicht sind die eines Kindes. Er hat zwei kurze braune Flügel, die nach oben hin ausgebreitet sind. Bis auf ein winziges, goldfarbenes Gewand, das von einer Kordel zusammen gehalten wird, ist er fast nackt.

Das Licht, das auf beide Figuren fällt, scheint von vorne zu kommen. Das Gold der Kuppel wirkt allerdings eher, als würde sie aus der Nische selbst heraus beleuchtet.

Der Rahmen des Bildes ist unten breit und gerade. Mehrere feine Ziermuster umschließen ein breites Band mit floralem Dekor. Oben bildet der Rahmen ein schmaleres Halbrund, das nach oben rechts aufsteigt. Hier ranken sich zusätzlich filigrane Schnitzereien nach oben, die ganz rechts mit einer langen, empor stehenden Form abschließen, die an einen schlanken, halbgeschnittenen Kelch erinnert.

Bildbeschreibung/Juliane Link/ Tizians Pesaro-Madonna

Ekphrasis zu Tizians Altarbild der Pesaro-Maodonna von 1526 (für die Seitenkapelle der Frari Kirche)

Im unteren Bilddrittel befinden sich zwei Figurengruppen, die zur Rechten und zur Linken des Heiligen Petrus knien, der auf einem durch zwei Stufen erhöhten Podest zu sitzen scheint. Seine rechte Hand hat er zwischen die Seiten eines aufgeschlagenen Buches gelegt. Während rechts von ihm ein dunkel gekleideter Mann eine rote Fahne schwenkt, auf der deutlich ein Wappen zu erkennen ist, befindet sich zu seiner Linken ein Sockel aus Stein, auf dem die Muttergottes mit dem Jesuskind thront, allerdings nicht in der gewohnten statischen, ikonenhaften Haltung und frontaler Ansicht, sondern als lebensnahe Figur, die sich leicht zu Petrus hinunterbeugt, als wollte sie in dem aufgeschlagenen Buch lesen. Das nackte Kind in ihren Armen ist ebenfalls in Bewegung, es hat das linke Bein erhoben und greift mit der linken Hand hinter sich in das weiße Kopftuch Marias, die leichte Drehung des Körpers verleiht der Bewegung beinahe etwas tänzerisches und wirkt verspielt, nicht mehr statuenhaft und versteinert wie bei ältern Darstellungen dieser Art.

Zu Füßen des Jesukindes befinden sich aufrecht stehend der Heilige Domenicus im einer dunkelbraunen Kutte und hinter ihm ein weiterer Mann, von dem jedoch nur das Gesicht zu erkennen ist, da sein Körper im Schatten liegt. Am rechten unteren Bildrand knien vier Männer in vornehmen Gewändern und zwischen ihnen ein Junge, der den Betrachter als einziger unverwandt ansieht. Bei den Gläubigen, die die Hände wie zum Gebet aufeinander gelegt haben, handelt es sich um Angehörige der Familie Pesaro, die Stifter des Bildes.

Über die Figurengruppe, die entlang einer von rechts nach links verlaufenden Diagonalen bis zur Madonna aufsteigt, erheben sich im Hintergrund zwei mächtige Säulen, hinter denen sich ein leicht bewölkter Himmel öffnet. Die obere Bildzone des Hochformats schließt in einem bogenförmigen Halbrund ab, das sich in die Architektur des Kirchenschiffs einpasst, sodass die umgebenden Säulen und Rundbögen mit der innerbildlichen Architektur korrespondieren und die Grenzen zwischen Bild und Realität verwischen. Am oberen Bildrand, direkt unter dem Rundbogen schweben zwei geflügelte Putten auf einer Wolke und halten ein Kreuz, jedoch nicht senkrecht sondern so, dass es die Diagonale der Figurengruppe im unteren Bildteil wiederholt.

Ein besonderes Gestaltungskriterium, das dem Bild seine Vitalität und Ausdruckskraft verleiht, ist die Farbe, für Tizian Grundsubstanz seiner Malerei. Hierbei fällt auf, dass die Figuren an den Bildrändern in dunkeln, unauffälligen Farben gestaltet sind und sich nur wenig von den dunklen Steinsäulen abheben. Petrus, der sich in der Bildmitte befindet erstrahlt stattdessen in einem ultramarinblauen Gewand, dessen Farbe sich im Mantel der Maria wieder findet, um seine Hüften ist ein gelbes Tuch geschlungen, sodass ein belebendener Farbkontrast entsteht. Die Muttergottes trägt ein leuchtend rotes Kleid, im gleichen intensiven Farbton ist außerdem die Fahne am gegenüberliegenden Bildrand gestaltet, die dadurch eine besondere Bedeutung erhält und mit Maria in Zusammenhang gebracht werden könnte. Auch das Gewand des Stifters der direkt unter der Muttergottes steht ist von besonderer Farbigkeit, ein dunkles Karminrot durchdringt den wertvollen Stoff. Da das Bild außer dieser starken Farbakzente in dunklen, gedämpften Farben gestaltet ist, treten die hellen Hautpartien hervor, sodass die Gesichter sowie die nackten Körper der Engel und des Christuskindes dem Betrachter besonders ins Auge fallen.

Die Bildkomposition sprengt den üblichen Rahmen einer Sacra Conversazione, bei der die Madonna mit dem Kind auf der Mittelachse im Zentrum des Bildes positioniert wird, während sich die Heiligen zu beiden Seiten in symmetrischer Anordnung um die Muttergottes scharen. Tizian rückt die Muttergottes aus dem Zentrum, verleiht ihr jedoch trotzdem eine herausragenden Stellung innerhalb der Bildkomposition, indem er sie an den höchsten Punkt einer Dreieckskonstellation setzt, sodass ihre Gestalt die restlichen Figuren überragt und die Diagonalen auf sie zu führen. Durch das Verrücken der Madonna wird die Statik der Komposition aufgebrochen und die einzelnen Figuren erhalten einen „Bewegungsspielraum“. Eine weitere Besonderheit des Bildes entsteht durch das Verschmelzen zweier getrennter Bildtypen, die Tizian mit der Pesaro-Madonna in einem Bild vereint: Bisher war es nicht üblich gewesen neben den Heiligen auch die Stifter an der Sacra Conversazione teilhaben zu lassen, diese wurden vielmehr auf Votivbildern dargestellt. Tizian erneuerte auf diese Weise das Altarbild, da er die Gläubigen in das Geschehen mit hinein nahm und ihnen einen Zugang zu den Heiligen und der Muttergottes schuf, deren Unnahbarkeit zugunsten einer größeren Ausdruckskraft und Vitalität aufgegeben wurde.

Bildbeschreibung/ Sara/ Frari-Triptychon Teil 7

SCHNIPSEL N° 7

Bildbeschreibung...
und ich schlage unwillkürlich, da hilflos den Baukunst-Atlas auf. Genauso willkürlich. Und lese „Pilasterkapitell“, „Säulenportal“ und „Fensterarkade“ – dann denke ich: die Bildbeschreibung dessen, was ich zum momentanen Zeitpunkt und folglich mit dem momentanen Wissen sehe, ist eine Welt, in der Kapitelle praktisch nicht vorkommen. Nicht, dass ich sie nicht kennen lernen möchte, doch wie wäre meine unvorbelastete – also ohne Baukunst-Atlas – Sicht? Noch dazu von nur einem Schnipsel…

Ich sehe schwarz, in dem sich umso kraftvoller und glänzender das Gold abhebt: wie eine Flamme oder eine erhobene Hand ragt da eine Art Pfahl zwischen zwei engelsartigen Nixen empor. Die beiden Wesen, die sich in leicht tragischer Pose zurücklehnen, während sie sich gleichzeitig an dem Pfahl festhalten, verbinden die Elemente Wasser und Luft – oder sind das auf ihrem Rücken keine Flügel sondern Flossen?
Vielleicht kommt nun das Säulenportal? In jedem Fall steht die Kombination Nixe-Pfahl-Nixe auf einer einfach verzierten, bordüre-ähnlichen Ebene. Darunter wuchern Ornamente in pflanzenhafter Manier, um weiter unten wiederum von einer Art Bordüre eingeschlossen zu werden.
Jetzt Raum. Der Versuch einer Tiefenwirkung? Drei unterschiedliche Farbtöne/ Farbabstufungen – von schwarz, dunkelgold bis braun (auf meinem PC!) – deuten zumindest auf eine Raum-Tiefe hin. Darin stehen zwei Männer. Einer uns, dem Betrachter zugewandt. Graues, schütteres Haar, er schaut mit strengem oder bestimmten Blick ins namenlose Ferne. Er trägt eine schwarze Kutte und hält ein Buch aufgeschlagen in der linken Hand. Das Buch, das heilige, wie ich annehme, strahlt uns hell und auffordernd/ erwartungsvoll an – es soll, es will gelesen sein. Rechts davon eine Säule, das obere Ende – das einzige Stück was hier zu sehen ist – verziert mit Gestalten. Das Pilasterkapitell?
Der abgewandte Mann, dunkelhaarig und deutlich jünger, ist er verletzt? Das Rot neben seiner linken Augenbraue lässt Schmerz vermuten, auch sein Blick geht wehmütig nach unten. Hält er seine Hand schützend vor die Brust?
Nun ewig dahin gestrecktes Schwarz der Kutte, das nur durch ein Stück des hellgold, weißlich scheinenden Stabes des alten Mannes durchbrochen wird. Kurz flammt etwas Boden auf, auch hellgold, dann folgt eine verschmückte Ebene, ähnlich derjenigen, auf der die Nixen stehen, viel Ornamente, ein dicker Boden:
die Männer, das Buch, die Nixen, der Pfahl – sie alle werden von ihm getragen.

Bild/ Marion Starke/ Giobbe

Bildbeschreibung/ Hanna Breinlinger/ Bildbeschreibung der "Pala di San Zaccaria“ von Giovanni Bellini

Hanna Breinlinger (Mai 08)


Bildbeschreibung der „Pala di San Zaccaria“ von Giovanni Bellini


Das Bild zeigt eine Menschengruppe in einem offenen Raum. Der Raum ist nach beiden Seiten, nach oben und nach vorne geöffnet, nur nach hinten ist er geschlossen. Von den Seiten fällt Sonnenlicht ein, die angedeutete Vegetation sieht gesund aus & nach den kleinen weißen Wolken am Himmel zu urteilen, weht vielleicht sogar ein frisches Lüftchen. Trotz dieser sommerlichen Außenstimmung wirken die Personen im Bild ernst und schwer. Manche Gesichter sind besonders versunken & in Schatten getaucht. Auf die Frau in der Mitte fällt das meiste Licht. Sie trägt einen weißen Schleier, ein rotes Kleid und hat einen blauen Umhang auf ihren Knien liegen. Vielleicht hat sie sich doch ein bischen erwärmen lassen & ihn ausgezogen? Auf diesem Umhang & ihren Knien, gehalten von ihren Händen, steht ein kleiner nackter Junge. Seine bleiche Haut reflektiert das Sonnenlicht, das hier, im Bildmittelpunkt, am hellsten strahlt, besonders stark. Rechts und links der Madonna & ihrem Kind stehen in perfekter Symmetrie jeweils ein Mann und eine Frau. Die Männer sind die Bild-Ältesten und stehen ganz vorne am Rand des Bildes. Der Rechte trägt einen roten Mantel samt Kapuze & ist in die Lektüre eines dicken Buches versunken. Der Mann links hat die Lektüre bereits beendet, er hält sein Buch unter dem linken Arm, den Kopf geneigt, den Blick gesenkt. Einerseits wirkt er wie versteinert, andererseits meint man, er sei gerade im Begriff, das Bild zu verlassen, seine rechte Hand und das linke Knie deuten eine Gehbewegung an. Hinter ihm steht eine braunhaarige Frau. Aufgrund der Haarfarbe, der dunkelgrünen & auberginefarbenen Kleidung & weil sie in der Schattenseite der kleinen Kapelle steht, ist das Bild hier am dunkelsten. Ihr gegenüber, denn die beiden Frauen sind der Madonna und einander zugewandt, steht die andere Frau. Sie trägt ein hellviolettes, reich besticktes Gewand & ihre blonden Haare offen. In der einen Hand hält sie ein Glas mit einer grünliches Flüssigkeit, in der anderen eine lange weiße Feder oder eine Art Schilfblatt. Auch die brünette Frau hält ein solches Ding, legt es sich über die Schulter. Lässig, könnte man sagen, wäre da nicht dieser ernste Gesichtsausdruck, der bei ihr am ausgeprägtesten wirkt.
In der Bildmitte, unterhalb der Maria sitzt die einzige Person, deren Blick nicht gen Boden, sondern leicht am Betrachter vorbei geht, ein kleines Mädchen, das Geige spielt.
Über der Madonna erscheint ein weiteres Gesicht, das eines bärtigen Mannes mit Krone. Es ist aus Stein gehauen und schmückt den Thron der Madonna. Über dem Thron erstreckt sich eine prächtige Mosaikkuppel, in ihrem Grundton bräunlich-golden & ausgreifend verziert mit floralen Ornamenten. Der Raum ist weniger eine Kapelle als eine Art Open-Air-Bühne, in deren Halbrund der Madonnenthron steht. Eine weiterführende Decke ist architektonisch angedeutet, jedoch in dem gleichen Himmelblau bemalt wie die seitlichen Außenflächen. Direkt aus dem Himmel hängt nun eine Kette, an der ein großes Ei hängt, Zeichen der unbefleckten Empfängnis Mariens, und weiter unten, aber immer noch hoch über dem Kopf Marias, eine Öllampe. Deren Licht wird jedoch nicht benötigt, da genügend Tageslicht von rechts und links einfällt.
Diese Außenbühne, auf der die Madonna & ihre versteinert wirkende Gesellschaft sich präsentieren ist nun aber keine tatsächliche Bühne, sondern eine gemalte, ebenso wie alles andere Beschriebene gemalt ist. Es handelt sich um das Altarbild in der Venedig-Kirche San Zaccaria, das im Stile einer sacra conversazione die Architektur des tatsächlichen Kirchenbaus weiterführt und gleichzeitig einen neuen Raum aufmacht. Trotzdem bleibt dieser Raum ein zweidimensionales Gemälde auf einer Leinwand, die in den Rundbogen über dem Altar des linken Seitenschiffes eingelassen ist. Das Bild wurde 1505 von Giovanni Bellini ursprünglich auf eine Holzplatte gemalt, im 18. Jhd. jedoch von Napoleons Truppen nach Paris entführt & dort auf eine Leinwand übertragen. Im Laufe der Jahrhunderte und mehrerer Restaurierungen wurde das eigentliche Raumkonzept des Bildes mehrfach geändert. Nun wird die Architektur im Bild oben und unten durch plump wirkende Steinbalken ausgebremst, die die typisch venezianische Bildharmonie stören & eine fließende Anpassung in die tatsächliche Kirchenarchitektur behindern. Auch der rot-weiß-gekachelte Fußboden, auf dem die Figuren stehen, wurde vorne beschnitten & wirkt nun recht knapp bemessen, so dass die Heiligen von ihrer Bühne zu fallen drohen.
Konzentriert man sich jedoch vom Gesamteindruck auf die Personengruppe in der Bildmitte, findet man in diesem Meisterwerk des damals 70-jährigen Bellinis nach wie vor die Harmonie der venezianischen Malerei im 14. und 15. Jahrhundert.
Bei den Personen handelt es sich um den heiligen Hyronimus, dem dieser Altar gewidmet ist, den heiligen Petrus, Katharina von Alexandrien und Lucia. Das musizierende Mädchen zu den Füßen Marias ist ein Engel, wenn auch ohne Flügel.
Die Versunkenheit der Figuren – jede steht und gedenkt für sich, doch in ihrer Andacht sind sie vereint – ist das große inhaltliche Merkmal der sacra conversazione, die über die Darstellung von in Andacht versunkenen Heiligen auch die Gläubigen vor dem Bild zur innerlichen Unterhaltung mit dem Göttlichen anregen möchte.



Donnerstag, 15. Mai 2008

Bildbeschreibung/ Redaktionsgruppe/ Frari- Triptychon


Eine kurze Erläuterung: die Redaktionsgruppe unternimmt den Versuch, gemeinsam das Frari- Triptychon zu beschreiben, indem jeder einen Ausschnitt bearbeitet und alle Ausschnitte am Ende zusammengefügt werden.

Bildbeschreibung/ Svenja Wolff/ Frari- triptychon Teil 1

Bildbeschreibung eines Ausschnittes des Fari- Triptychons von Giovanni Bellini

Das äußerste Achtel der Sacra Conversazione ist bestimmt von dem reich verzierten Rahmen. Vom Fundament aus wird das Gemälde am linken Bildrand von einem mit Ornamenten versehenen Pilaster und korinthischem Kapitell begrenzt; in das darüber gesetzte Gebälk ist ein Fries mit Blumenornamenten und ein Gesicht eingearbeitet, welches von einer fackelähnlichen Verzierung gekrönt ist.

Am oberen linken Rand des Gemäldes ist durch Licht und Schatten eine räumliche Flucht auszumachen; deutlich wird diese Räumlichkeit durch einen Pfeiler, der zwar schlichter, aber stark dem Rahmenpfeiler nachempfunden ist. Während der Bildrahmen golden oder bronzefarben scheint, ist der Pfeiler im Gemälde von hellem ocker. Der unverzierte glatte Pfeiler wird zum großen Teil verdeckt von dem faltigen dunkelgrünen Umhang eines Heiligen.

Zwischen dem gemalten Pfeiler und dem plastisch herausgearbeiteten Rahmen kann der Betrachter einen Blick in die Weite erhaschen: in einem dünnen Streifen deuten sich ein tiefblauer Himmel, weiße Quellwolken und eine teils felsige, teils grüne Landschaft an.

Bildbeschreibung/ Henrike Terheyden/ Giobbe

Dieser Versuch einer Bildbeschreibung der Pala di San Giobbe muss noch durch Beschreibung der Architektur im Bild ergänzt werden.

Es ist voll hier in der Apsis. Es ist viel Körper und wenig Raum. Der Raum existiert nicht. Wirklich nicht. Er ist eine Fläche, eine gold schimmernde Fläche in die wir glauben tauchen zu können. Es handelt sich um die Sacra Conversazione Darstellung der Pala di San Giobbe von Bellini, entstanden um das Jahr 1480.

Die illusorische gemalte Apsis ist bevölkert von elf Personen, die in symmetrischer Form angeordnet sind. Der Bildraum ist durch die Mittelsenkrechte, die genau den Körper der Maria mit dem Jesuskind trifft, in zwei Hälften geteilt. Maria sitzt auf einem Marmorthron und grüßt mit der linken Hand in die Richtung, der ihr Blick folgt. Mit ihrer rechten Hand hält sie das Jesuskind, das nackt auf ihrem rechten Knie sitzt. Sie trägt ein blaues Gewand und einen weißen Schleier über einem gold bestickten, roten Unterkleid. Ihr Blick ist ernst.
Das Kind auf ihrem Schoß trägt die gleiche Ernsthaftigkeit im Gesicht, mit dem Unterschied, dass die Trauer, die bei Maria in der Ernsthaftigkeit mitschwingt, bei Jesus ein Erschrecken ist. Er hält sich mit seiner rechten Hand an den Falten des Gewands der Mutter fest, die linke ruht auf seiner Brust. Beide Beine sind angewinkelt, und wie zum Loslaufen versetzt gehalten. Sein Blick ist nach links oben aus dem Bildraum gewandt, Maria schaut nach rechts, etwas tiefer.
Zu ihren Füßen musizieren drei Engel, gekleidet in blau, grün, gold und einer trägt einen roten Schal. Sie bilden ein in sich geschlossen funktionierendes Dreiergespann, zwei sitzen im Vordergrund, einer etwas weiter nach hinten versetzt. Zwei ihrer Blicke sind in die gleiche Richtung gerichtet, in die das Jesuskind schaut.
Die drei Engel flankierend, aber etwas weiter in den Vordergrund geschoben, stehen links und rechts jeweils drei Heilige. Links von der Mutter Gottes (aus der Sicht des Betrachters) stehen der heilige Franziskus, Hiob und Johannes der Täufer, rechts von ihr die Heiligen Sebastian, Dominikus und Louis von Toulouse.
Die beiden Dreiergruppen sind ebenfall symmetrisch zueinander. Bellini umgeht Eintönigkeit sehr klug, ohne die Gleichmäßigkeit aufs Spiel zu setzen, indem er die beiden Dreierfiguren gleich aufbaut, sie aber mit hundertachtzig Grad zueinander dreht. So stehen links zwei Figuren vorne und einer im Hintergrund. Rechts jedoch steht nur der heilige Sebastian, der mit seinen Pfeilen an sich schon viel Platz benötigt, im Vordergrund, und seine beiden Begleiter füllen den Raum hintern ihm. Auch in den Blickrichtungen der Heiligen hat sich Bellini für ein ausgewogenes aber nicht zu offensichtliches Dreierverhältnis entschieden. Drei der Heiligen betrachten das Jesuskind versonnen und in Andacht (Johannes der Täufer, Hiob und Louis von Toulouse), die anderen drei richten ihre Blicke nach innen oder aus dem Bildrand heraus, ähnlich wie die Mutter Gottes und das Jesuskind.
Der heilige Franziskus trägt seine entbehrsame Franziskanerkutte mit der geknoteten Kordel, in einem braun, das grün scheint und von der Farbe des Gewandes des mittleren Engels aufgegriffen wird. Er steht nach außen gedreht, in seiner Armhaltung greift er die des Jesuskindes auf und präsentiert so seine Stigmata. Seinen rechten Zeigefinger hält er in die Wunde an seinem Brustkorb, ein Loch in seiner Kutte lässt dies zu. Sein Blick ist leidend bis kontemplativ.
Zu seiner Linken, dem Jesusknaben am nächsten, steht Hiob, wie meistens beinahe nackt, allem entbehrend, was irdisch ist und dennoch voller Demut. Mit aneinander gelegten Händen und im dynamischen Kontrapost ist er der Gottesmutter zugewandt. Im Tuch um seine Hüften finden sich die Farben des linken Engelsgewandes wieder. Seine Lippen sind leicht geöffnet und seine Mimik ist staunend andächtig. Seine angewinkelten Arme weisen sowohl auf das Jesuskind, als auch auf die grüßende Hand der Gottesmutter.
Hinter den beiden Heiligen steht beinahe ganz verdeckt Johannes der Täufer, in grünem Gewand und nur erkennbar an dem zierlichen Holzkreuz, das hinter Franziskus aufragt und sich im Zwischenraum zwischen Hiob und Franziskus so fortsetzt, dass man annehmen muss, es sei durch seine Hand gehalten. Auch er richtet den Blick auf das Jesuskind, vielleicht etwas weiter in den Bildraum hinein, als Hiob. Nur schwer kann man seine Augen deutlich ausmachen. Die Heiligenfiguren stehen in keinem kommunikativen Kontakt zueinander.
Ebenso auf der anderen Seite, auf der sehr deutlich der heilige Sebastian dominiert. Er steht mit hinter dem Rücken verschränkten Armen und mit zwei Pfeilen im Körper zentral im rechten Bildraum. Ein Pfeil steckt ihm im Unterleib, des andere im linken Schienbein. Er ist bis auf ein weißes Tuch um die Lenden unbekleidet und bildet so das Gegenstück zu dem weichen Inkarnat des Hiob auf der anderen Seite. Sein Kopf ist leicht geneigt, sein Blick unter der weich wallenden Haarpracht schmachtend, andächtig aus dem Bildraum heraus gerichtet. Auch er steht in leichtem Kontrapost. Wirkt ein wenig, wie nur kurz vom Marterpfahl weg gebeamt, direkt in die Apsis hinein. Die Arme noch verbunden, doch ohne Pfahl.
Verlängert man die Linien, die die Pfeile etablieren, erhält man die Konstruktionslinien für Hiobs Schultern und Knie.
Hinter Sebastian ist Dominikus in sein Buch vertieft, erkennbar an seiner schwarz-weißen Kutte und dem Buch. Das weiße Unterkleid seines Gewandes trifft sich in einer geschwungenen, das Auge leitenden Linie im Instrument des mittleren Engels und im Inkarnat des Gottesknaben wieder. Seine unter dem Buch gefaltenen Hände weisen schräg nach oben zur Gottesmutter. So bilden die Hände von Hiob, der Mutter Gottes und Dominikus ein imaginäres Dreieck, das den Schoß der Gottesmutter und das Jesuskind einschließt.
Ganz am Rand und kaum zu sehen (eventuell durch Beschneidungen der Bildfläche?) befindet sich Louis von Toulouse, erkennbar am Bischofsornat und mit jugendlichen Zügen. In der linken Hand hält er den Bischofsstab, von dem sich nur noch ein Teil seiner Krümmung im Bildrand befindet. Sein Blick ist auf Mutter und Kind gerichtet, sein Ausdruck andächtig, ehrfürchtig.

Versuch einer ikonografischen Interpretation

Die Tatsache, dass die Apsis wirklich wirkt, sich in die alltäglichen Bewegungszusammen-hänge der Gläubigen einzugliedern scheint, vermittelt Nahbarkeit, die aber durch die würdevolle Haltung der Heiligen und der Mutter Gottes nicht mit lapidarer Vertrautheit verwechselt werden kann. Diese Distanz trotz der Nähe schafft auch die Sicht von Unten auf das Geschehen, die die Betrachterin erfährt. Außerdem ist die illusorische Apsis auch ein Verweis auf das Himmelreich Gottes. Da, aber doch nicht da, präsent und dreidimensional und doch nicht betretbar.

Die deutliche Konzentration auf den symmetrischen Aufbau haben wir der besonderen Wichtigkeit der Gottesmutter zu verdanken. Sowie der Versinnbildlichung einer „göttlichen Ordnung“. Maria verdient den zentralen Platz, durch den Thron und die Architektur, in zarten Linien angedeutet, hat sie „den direkten Draht nach oben“. Vielleicht ist es auch dieser heiße Draht, der sie den Kreuzestod ihres Sohnes bereits voraussehen lässt. In ihrem ernsten Blick spiegelt sich die Sorge und die Trauer aus der Vorhersehung wieder. Und noch jemand anders scheint diese Hinrichtung vorherzusehen: der heilige Franziskus, der als Erkennungszeichen die Kreuzeswunden Christi trägt, und auf sie hin weist, wiederholt die Bewegungen des Christusknaben, oder kopiert Christus den heiligen Franziskus? Diese Doppelung ist ein deutlicher Hinweis auf die Kreuzeswunden, und selbst der Jesusknabe scheint schon mit dem Erschrecken in seinem kindlichen Gesicht seinen Vater zu fragen, warum er durch diese Folter wird gehen müssen.

Die vermehrt auftauchenden Dreierkonstellationen dürfen sowohl als optisch ausgewogene Kompositionsmittel verstanden werden, als auch als direkter Verweis auf die Dreifaltigkeit.
Die Dreiergruppen finden wir sowohl in den beiden Heiligengruppen, wie auch in der Anordnung der Engel, und der drei Parallelen aus Säulen und Thron.

Das bereits beschriebene imaginäre Dreieck, das die Hände von Maria, Dominikus und Hiob bilden, schließt den Schoß der Gottesmutter und des Jesuskind ein. Neben der deutlichen Ansprache der Gottesmutter in der Kuppel der Apsis als „unberührte Blume jungfräulicher Keuschheit“, ist diese Komposition ein weiterer Verweis auf die unbefleckte Empfängnis Mariens und die Anwesenheit Gottes.

Die anwesenden Heiligen verkörpern Entsagung und bedingungslosen Gehorsam (Franziskus und Hiob), Johannes der Täufer gilt als Wegbereiter Christi und wichtiger Prediger. Bei ihm werden Worte in Taten umgesetzt (die Taufe), ähnlich wie bei Dominikus, der die klösterliche Armut mit dem unbedingten Postulat nach Bildung vereinte. Der heilige Sebastian und Louis von Toulouse wurden traditionell gegen die Pest angerufen und Sebastian war ein Sinnbild für das Märtyrertum.

So finden wir also die Hauptthemen: Unbefleckte Empfängnis, Selbstaufgabe und Hingabe und Bildung im Namen Gottes, als zentrale Themen zur Begegnung mit Gott.