Samstag, 17. Mai 2008

News/ Einsturzgefahr am Dogenpalast

28. Oktober 2007
Vom Palazzo Comunale oder vulgo Dogenpalast, der erst kürzlich wegen eines heruntergefallenen Bogenstücks für unangenehme Schlagzeilen und erheblichen Rechtfertigungsdruck bei der Denkmalpflegebehörde gesorgt hatte, gibt es neue Hiobsbotschaften zu vermelden. Nach einer Untersuchung, welche von oben abgeseilte Experten an der Ostfassade durchgeführt hatten, wurde der angrenzende Kanal zur Hälfte für den Bootsverkehr gesperrt, da weite Teile der Steinverkleidung herunterfallen können. Der womöglich vom Architekten Mauro Codussi errichtete Osttrakt des Dogenpalasts ist der jüngste Bauteil des Komplexes und birgt unter anderem die Dogenwohnung und den Saal des Senats. Die vollständig mit istrischem Kalkstein, Marmor und geringegen Mengen von Porphyr und Serpentin verkleidete Fassade wurde, im Gegensatz zu den gotischen Schauseiten zur Lagune und zur Piazzetta, noch nie einer gründlichen Sanierung unterzogen.

Quelle: http://www.venedigblog.org/

Freitag, 16. Mai 2008

Bildbeschreibung/Nora Wicke/Frari-Triptychon Teil 6

Giovanni Bellini: Das Frari-Triptychon (1488): Sechster Teil:

Sehe ich einen goldenen geschwungenen breiten Rahmen der bestückt mit schmückenden sich schnörkelnden Verzierungen / Formen / Symbolen darauf: ein Krug / ein Krebsskelett (?)/ Mondsicheln aneinandergelehnt / im Übergang zum Bogen ein Eulengesicht darüber ein dickbäckiges Engelsgesicht mit Katzenohren. Rechts an sehr stabil scheinenden Säule lehnt mit geschlossenen Augen roten Strümpfen blauviolettem Umhang dunklen Haaren und dichtem Bart ein dünner Mann, die Hand seines Nebenheiligen an einem weiß/goldenen Stab. Rechts und links auf dem Rahmen die kringelnden goldenen Ausläufer von Figuren.

Bildbeschreibung/ Katharina Stockmannn/ Frari-Triptychon Teil 4

Giovanni Bellini: Frari-Triptychon

Teil 4

Oben und unten durch einen goldenen Rahmen begrenzt zeigt das Gemälde von Bellini die Hälfte einer Nische, in der sich eine große Frauenfigur und ein kleiner Engel befinden.

Eine gemalte Architektur gliedert das Bild in drei Streifen. Ganz oben leuchtet eine goldene Kuppel hervor, die durch einen schwarzen Halbkreis abschließt. Auf der linken Seite trennt ein breiter brauner Balken sie vom Rahmen. Auf dem glänzenden Goldgrund verläuft eine lateinische Schrift in zwei dünnen Zeilen. Nach unten hin schließt ein schmales Band mit kreuzartigen Ornamenten den Bereich der Kuppel ab. Darunter beginnt, markiert durch ein gemaltes Holzsims, der zweite Bildstreifen: Mehr als die Hälfte der dunkelroten, gemusterten Tapete der Nische wird hier vom Körper der sitzenden Frau auf der rechten Seite verdeckt. Ihr Stuhl steht auf einer großen Holzplatte, die von einem schmaleren Sockel mit geometrischen Mustern getragen wird. Der Sockel wiederum wird durch drei Marmorstufen erhöht. Dieses Podest bildet die Grenze zum dritten Streifen des Bild. Der kleine Engel unten links bildet von hier aus eine Diagonale mit der Frauenfigur oben rechts.

Die drei Bildbereiche fallen vor allem durch ihre Farbigkeit auf. Während das leuchtende Gold und das Braun der Kuppel sich ganz unten im Podestaufbau und dem Gewand des Engels wiederholen, wird der mittlere Bereich völlig durch die Farben rot und blau bestimmt.

Vor allem der leuchtend blaue Schleier der Frau fällt sofort auf. Obwohl ihr Körper vom rechten Rand abgeschnitten wird und sie sich nicht im Zentrum befindet, bildet sie den Schwerpunkt des Bildes. Die sitzende Gestalt zeigt sich in Frontalansicht. Der lange Hals und das gleichmäßige und ernste Gesicht sind fast vollständig sichtbar, weil der Kopf leicht nach links geneigt ist. Die linke Hand führt zur rechten Brust, ist allerdings abgeschnitten. Über einem dunkelroten Gewand trägt die Frau einen leuchtend blauen Schleier, der mit einem Diadem am Kopf befestigt ist. Er bedeckt fast ihren gesamten Körper und fällt in verschachtelten Falten bis zu ihren Füßen herunter.

Der Engel steht in gebeugter Haltung unter dem Podest. Er hat einen Fuß auf die erste Marmorstufe gestellt, um seine Laute auf dem Knie ablegen zu können. Seine Figur und sein Gesicht sind die eines Kindes. Er hat zwei kurze braune Flügel, die nach oben hin ausgebreitet sind. Bis auf ein winziges, goldfarbenes Gewand, das von einer Kordel zusammen gehalten wird, ist er fast nackt.

Das Licht, das auf beide Figuren fällt, scheint von vorne zu kommen. Das Gold der Kuppel wirkt allerdings eher, als würde sie aus der Nische selbst heraus beleuchtet.

Der Rahmen des Bildes ist unten breit und gerade. Mehrere feine Ziermuster umschließen ein breites Band mit floralem Dekor. Oben bildet der Rahmen ein schmaleres Halbrund, das nach oben rechts aufsteigt. Hier ranken sich zusätzlich filigrane Schnitzereien nach oben, die ganz rechts mit einer langen, empor stehenden Form abschließen, die an einen schlanken, halbgeschnittenen Kelch erinnert.

Ultramarinblau/ Katharina Stockmann/ Ultramarinblau

Ultramarinblau, das Blau, das über das Meer gekommen ist – dieser Name kommt einem bei der Beschreibung der Farbe entgegen. Schließlich ist das Meer selber ultramarinblau, wenn auch oft nur für kurze Zeit. Ultramarin ist der Prototyp der Farbe Blau überhaupt. Es enthält weder Rot noch gelb und bildet im Farbkreis, zwischen Violett und Türkis seinen eigenen Schwerpunkt.

Es leuchtet wie ein Signal, ohne dabei jedoch aufdringlich zu werden. So ist es kein Wunder, dass Ultramarinblau uns ständig umgibt: Sei es in Nivea-Dosen, den Autos des Technischen Hilfswerks oder den Trikots des Hertha BSC.

Smaragdgrün/Juliane Link/ Notizen zu Smaragdgrün

Notizen zu Smaragdgrün

1. Smaragdgrün ist anders.

Ich dachte Smaragdgrün sei dunkel, fast flaschengrün, wie das Grün von Entenhälsen. Ich dachte an funkelnde Steine in Gold eingefasst, an Abendkleider aus Satin, an raschelnde Stoffe. Doch das Grün von Smaragden ist anders.

2. Smaragdgrün ist ein grünes Wasserblau.

Das Grün von Smaragden ist ein helles, durchsichtiges Grün, in dem sich das Licht bricht. Es ist ein Grün von vornehmer Blässe, zart und bläulich. Die Farbe schimmert, wenn Licht auf sie fällt, verlischt aber im Halbdunkel, sie möchte sich sonnen. Wäre sie nicht grün, sie wäre wasserblau.

Würde man mit Smaragdgrün malen, man müsste die Farbe sehr dünn auftragen, transparent, sodass die Leinwand hindurch schimmert. Man müsste Aquarellfarbe verwenden oder auf Glas malen.

3. Smaragdgrün ist orientalisch.

Das Grün der Smaragde erinnert mich an die Moschee in Paris, die mit Mosaiken aus weißen und grünen Steinen geschmückt ist. Grün ist die Farbe des Islam. Das Weiß der Moschee ist mehr ein Perlmutt, das Grün milchig, bläulich aber noch nicht türkis, die Steine sind glatt geschliffen und glänzen. Es ist ein heller Ort. Das Grün, seltsam unbestimmt, bleibt mir fremd. Jetzt, im Nachhinein gebe ich ihm einen Namen: Smaragdgrün.

Karminrot/Juliane Link/ Notizen zu Karminrot

Notizen zu Karminrot

1. Karminrot ist tückisch.

Man täuscht sich leicht in ihm. Man hält es für Kaminrot, für Ziegelrot, für Backsteinrot.

Man meint, es müsste wärmen und möchte es mit Tannengrün kombinieren und einen Schal daraus stricken. Doch dazu eignet es sich nicht recht.

2. Karminrot ist kühler.

Karminrot ist eine dunkle Farbe mit hohem Blauanteil, nah am Violett, aber nicht ganz so dunkel, nicht ganz so nah am Violett wie Weinrot oder Bordeauxrot, nur bläulicher, kühler als ich dachte.

3. Karminrot wird gekocht.

Karminrot gewinnt man aus getrockneten Läusen, die man mit Schwefelsäure in Wasser kocht. Karminrot ist eine satte Farbe, ein bisschen blutrünstig vielleicht.

4. Karminrot kostet.

Karminrot kostet den Läusen das Leben, den anderen viel Geld. Es ist ein vornehmes Rot, für schwere Stoffe aus Samt oder Brokat. Aus Karminrot möchte man Vorhänge nähen, bodenlang versteht sich oder Stofftapeten, mit denen man ein Zimmer auskleidet, oder zwei.

Bildbeschreibung/Juliane Link/ Tizians Pesaro-Madonna

Ekphrasis zu Tizians Altarbild der Pesaro-Maodonna von 1526 (für die Seitenkapelle der Frari Kirche)

Im unteren Bilddrittel befinden sich zwei Figurengruppen, die zur Rechten und zur Linken des Heiligen Petrus knien, der auf einem durch zwei Stufen erhöhten Podest zu sitzen scheint. Seine rechte Hand hat er zwischen die Seiten eines aufgeschlagenen Buches gelegt. Während rechts von ihm ein dunkel gekleideter Mann eine rote Fahne schwenkt, auf der deutlich ein Wappen zu erkennen ist, befindet sich zu seiner Linken ein Sockel aus Stein, auf dem die Muttergottes mit dem Jesuskind thront, allerdings nicht in der gewohnten statischen, ikonenhaften Haltung und frontaler Ansicht, sondern als lebensnahe Figur, die sich leicht zu Petrus hinunterbeugt, als wollte sie in dem aufgeschlagenen Buch lesen. Das nackte Kind in ihren Armen ist ebenfalls in Bewegung, es hat das linke Bein erhoben und greift mit der linken Hand hinter sich in das weiße Kopftuch Marias, die leichte Drehung des Körpers verleiht der Bewegung beinahe etwas tänzerisches und wirkt verspielt, nicht mehr statuenhaft und versteinert wie bei ältern Darstellungen dieser Art.

Zu Füßen des Jesukindes befinden sich aufrecht stehend der Heilige Domenicus im einer dunkelbraunen Kutte und hinter ihm ein weiterer Mann, von dem jedoch nur das Gesicht zu erkennen ist, da sein Körper im Schatten liegt. Am rechten unteren Bildrand knien vier Männer in vornehmen Gewändern und zwischen ihnen ein Junge, der den Betrachter als einziger unverwandt ansieht. Bei den Gläubigen, die die Hände wie zum Gebet aufeinander gelegt haben, handelt es sich um Angehörige der Familie Pesaro, die Stifter des Bildes.

Über die Figurengruppe, die entlang einer von rechts nach links verlaufenden Diagonalen bis zur Madonna aufsteigt, erheben sich im Hintergrund zwei mächtige Säulen, hinter denen sich ein leicht bewölkter Himmel öffnet. Die obere Bildzone des Hochformats schließt in einem bogenförmigen Halbrund ab, das sich in die Architektur des Kirchenschiffs einpasst, sodass die umgebenden Säulen und Rundbögen mit der innerbildlichen Architektur korrespondieren und die Grenzen zwischen Bild und Realität verwischen. Am oberen Bildrand, direkt unter dem Rundbogen schweben zwei geflügelte Putten auf einer Wolke und halten ein Kreuz, jedoch nicht senkrecht sondern so, dass es die Diagonale der Figurengruppe im unteren Bildteil wiederholt.

Ein besonderes Gestaltungskriterium, das dem Bild seine Vitalität und Ausdruckskraft verleiht, ist die Farbe, für Tizian Grundsubstanz seiner Malerei. Hierbei fällt auf, dass die Figuren an den Bildrändern in dunkeln, unauffälligen Farben gestaltet sind und sich nur wenig von den dunklen Steinsäulen abheben. Petrus, der sich in der Bildmitte befindet erstrahlt stattdessen in einem ultramarinblauen Gewand, dessen Farbe sich im Mantel der Maria wieder findet, um seine Hüften ist ein gelbes Tuch geschlungen, sodass ein belebendener Farbkontrast entsteht. Die Muttergottes trägt ein leuchtend rotes Kleid, im gleichen intensiven Farbton ist außerdem die Fahne am gegenüberliegenden Bildrand gestaltet, die dadurch eine besondere Bedeutung erhält und mit Maria in Zusammenhang gebracht werden könnte. Auch das Gewand des Stifters der direkt unter der Muttergottes steht ist von besonderer Farbigkeit, ein dunkles Karminrot durchdringt den wertvollen Stoff. Da das Bild außer dieser starken Farbakzente in dunklen, gedämpften Farben gestaltet ist, treten die hellen Hautpartien hervor, sodass die Gesichter sowie die nackten Körper der Engel und des Christuskindes dem Betrachter besonders ins Auge fallen.

Die Bildkomposition sprengt den üblichen Rahmen einer Sacra Conversazione, bei der die Madonna mit dem Kind auf der Mittelachse im Zentrum des Bildes positioniert wird, während sich die Heiligen zu beiden Seiten in symmetrischer Anordnung um die Muttergottes scharen. Tizian rückt die Muttergottes aus dem Zentrum, verleiht ihr jedoch trotzdem eine herausragenden Stellung innerhalb der Bildkomposition, indem er sie an den höchsten Punkt einer Dreieckskonstellation setzt, sodass ihre Gestalt die restlichen Figuren überragt und die Diagonalen auf sie zu führen. Durch das Verrücken der Madonna wird die Statik der Komposition aufgebrochen und die einzelnen Figuren erhalten einen „Bewegungsspielraum“. Eine weitere Besonderheit des Bildes entsteht durch das Verschmelzen zweier getrennter Bildtypen, die Tizian mit der Pesaro-Madonna in einem Bild vereint: Bisher war es nicht üblich gewesen neben den Heiligen auch die Stifter an der Sacra Conversazione teilhaben zu lassen, diese wurden vielmehr auf Votivbildern dargestellt. Tizian erneuerte auf diese Weise das Altarbild, da er die Gläubigen in das Geschehen mit hinein nahm und ihnen einen Zugang zu den Heiligen und der Muttergottes schuf, deren Unnahbarkeit zugunsten einer größeren Ausdruckskraft und Vitalität aufgegeben wurde.

Ultramarinblau/Juliane Link/ Ultramarinblau

Notizen zu Ultramarinblau

1. Ultramarinblau ist eine Frohnatur.

Blau ist die Farbe der Melancholie, der Sehnsucht. In der Ferne verblauen uns die Dinge, das Unerreichbare ist blau. In einem blauen Raum wird uns kalt.

Mehr als die Hälfte der Deutschen gibt Blau als Lieblingsfarbe an, man müsste sich fragen warum, gäbe es das Ultramarinblau nicht.

Ultramarinblau ist sorglos, ist ungetrübt, ist fröhlich, dem Blau zum trotz. Ultramarinblau leuchtet, strahlt, erfrischt.

2. Ultramarinblau kommt aus gutem Hause.

Ultramarinblau ist ein königliches Blau, es kleidet die Reichen und Mächtigen, gut steht es den Franzosen, den Blaublütigen besonders.

3. Ultramarinblau ist ansteckend.

Streift man an einer Hauswand entlang, die ultramarinblau gestrichen ist, irgendwo im Süden vielleicht, färben sich die Fingerkuppen blau, Ultramarinblau färbt ab.

Die Farbe hat eine hohe Dichte, sie saugt Licht auf wie ein Schwamm, ich kann sie mir nicht glänzend, nicht reflektierend, nicht transparent denken. Ultramarinblau ist ein Sommerblau. Es zieht das Helle an und alle Blicke auf sich. Würde ich mit Ultramarinblau malen, ich würde die Farbe deckend, in mehreren Schichten auftragen.

Handout/Juliane Link/ Tizian

Venedig

Juliane Link

Referat am 16.05.2008

Tizian

Biographie

Um 1490 wurde Tizian Vecellio in Cadore geboren und kam als etwa 10-Jähriger mit seinem Bruder nach Venedig, um dort das Malerhandwerk zu lernen. Er ging zuerst bei Sebastiano Zuccato in die Lehre, später bei Giovanni Bellini.

1508 arbeitete er mit Giorgione zusammen und erneuerte die Fassade des Fondaco dei Tedeschi. Die Fresken waren ein großer Erfolg und machten den jungen Tizian in Venedig bekannt. Wenige Jahre später wurde er von der Serenissima in den Dienst genommen, für die er vor allem repräsentative Portraits der Dogen anfertigte und erhielt als Gegenleistung ein Maklerpatent.

1518 entstand die berühmte Assunta, der weitere Altarbilder in venezianischen Kirchen folgten.

1532 portraitierte er Kaiser Karl V. und wurde 1533 zu dessen Hofmaler ernannt und zum Ritter geschlagen.

1542 folgte er dem Ruf des Papstes Paul III. nach Rom,

1548 dem Ruf Karl V. nach Augsburg, wo er 2 Jahre später auch das Portrait des spanischen Königs Philipps II. fertigte, der ihn fortan vor allem Gemälde mit mythologischen Themen beauftragte. Innerhalb weniger Jahre war Tizian zu einem der berühmtesten Maler seiner Zeit aufgestiegen.

Am 27. August 1576 verstarb er in hohem Alter während einer Pestepidemie in Venedig und wurde in der Kirche Santa Maria dei Frari beigesetzt.

Malweise

- Farbe als wichtigstes Gestaltungselement

- sehr feine, sorgfältige und detaillierte Ausgestaltung von Gesichtern, Haaren und Stoffen

- Lichteffekte, (farbige Schatten, schimmernde Stoffe, glänzendes Gold etc.)

- Fleckenmalerei (beeinflusste El Greco, Velázquez, Rubens und Rembrandt)

- dynamische Kompositionen und dramatische Szenen

- Sinnlichkeit, kraftvolle Gestalten, hohe Plastizität der Figuren (im Wettstreit der Malerei mit der Bildhauerei, dem Paragone), Betonung der Körperlichkeit

Altersstil

- non finito (ital. „unvollendet, eigentlich wird der Begriff im Zusammenhang mit Skulpturen gebraucht, die nicht völlig ausgearbeitet sind), Charakter des Unfertigen

- sprezzatura, (eigentlich Fähigkeit anstrengende Taten leicht, mühelos, lässig erscheinen zu lassen) skizzenhafte Flüchtigkeit, lockerer Duktus

- freier Umgang mit der Farbe, dunkle Farbpalette

- Tizians Spätstil wurde aufgegriffen und weiterverarbeitet von Jacopo Tintoretto, Jacopo Bassano und Paolo Veronese

Bildbeschreibung/ Sara/ Frari-Triptychon Teil 7

SCHNIPSEL N° 7

Bildbeschreibung...
und ich schlage unwillkürlich, da hilflos den Baukunst-Atlas auf. Genauso willkürlich. Und lese „Pilasterkapitell“, „Säulenportal“ und „Fensterarkade“ – dann denke ich: die Bildbeschreibung dessen, was ich zum momentanen Zeitpunkt und folglich mit dem momentanen Wissen sehe, ist eine Welt, in der Kapitelle praktisch nicht vorkommen. Nicht, dass ich sie nicht kennen lernen möchte, doch wie wäre meine unvorbelastete – also ohne Baukunst-Atlas – Sicht? Noch dazu von nur einem Schnipsel…

Ich sehe schwarz, in dem sich umso kraftvoller und glänzender das Gold abhebt: wie eine Flamme oder eine erhobene Hand ragt da eine Art Pfahl zwischen zwei engelsartigen Nixen empor. Die beiden Wesen, die sich in leicht tragischer Pose zurücklehnen, während sie sich gleichzeitig an dem Pfahl festhalten, verbinden die Elemente Wasser und Luft – oder sind das auf ihrem Rücken keine Flügel sondern Flossen?
Vielleicht kommt nun das Säulenportal? In jedem Fall steht die Kombination Nixe-Pfahl-Nixe auf einer einfach verzierten, bordüre-ähnlichen Ebene. Darunter wuchern Ornamente in pflanzenhafter Manier, um weiter unten wiederum von einer Art Bordüre eingeschlossen zu werden.
Jetzt Raum. Der Versuch einer Tiefenwirkung? Drei unterschiedliche Farbtöne/ Farbabstufungen – von schwarz, dunkelgold bis braun (auf meinem PC!) – deuten zumindest auf eine Raum-Tiefe hin. Darin stehen zwei Männer. Einer uns, dem Betrachter zugewandt. Graues, schütteres Haar, er schaut mit strengem oder bestimmten Blick ins namenlose Ferne. Er trägt eine schwarze Kutte und hält ein Buch aufgeschlagen in der linken Hand. Das Buch, das heilige, wie ich annehme, strahlt uns hell und auffordernd/ erwartungsvoll an – es soll, es will gelesen sein. Rechts davon eine Säule, das obere Ende – das einzige Stück was hier zu sehen ist – verziert mit Gestalten. Das Pilasterkapitell?
Der abgewandte Mann, dunkelhaarig und deutlich jünger, ist er verletzt? Das Rot neben seiner linken Augenbraue lässt Schmerz vermuten, auch sein Blick geht wehmütig nach unten. Hält er seine Hand schützend vor die Brust?
Nun ewig dahin gestrecktes Schwarz der Kutte, das nur durch ein Stück des hellgold, weißlich scheinenden Stabes des alten Mannes durchbrochen wird. Kurz flammt etwas Boden auf, auch hellgold, dann folgt eine verschmückte Ebene, ähnlich derjenigen, auf der die Nixen stehen, viel Ornamente, ein dicker Boden:
die Männer, das Buch, die Nixen, der Pfahl – sie alle werden von ihm getragen.

Bild/ Marion Starke/ Giobbe

Bildbeschreibung/ Hanna Breinlinger/ Bildbeschreibung der "Pala di San Zaccaria“ von Giovanni Bellini

Hanna Breinlinger (Mai 08)


Bildbeschreibung der „Pala di San Zaccaria“ von Giovanni Bellini


Das Bild zeigt eine Menschengruppe in einem offenen Raum. Der Raum ist nach beiden Seiten, nach oben und nach vorne geöffnet, nur nach hinten ist er geschlossen. Von den Seiten fällt Sonnenlicht ein, die angedeutete Vegetation sieht gesund aus & nach den kleinen weißen Wolken am Himmel zu urteilen, weht vielleicht sogar ein frisches Lüftchen. Trotz dieser sommerlichen Außenstimmung wirken die Personen im Bild ernst und schwer. Manche Gesichter sind besonders versunken & in Schatten getaucht. Auf die Frau in der Mitte fällt das meiste Licht. Sie trägt einen weißen Schleier, ein rotes Kleid und hat einen blauen Umhang auf ihren Knien liegen. Vielleicht hat sie sich doch ein bischen erwärmen lassen & ihn ausgezogen? Auf diesem Umhang & ihren Knien, gehalten von ihren Händen, steht ein kleiner nackter Junge. Seine bleiche Haut reflektiert das Sonnenlicht, das hier, im Bildmittelpunkt, am hellsten strahlt, besonders stark. Rechts und links der Madonna & ihrem Kind stehen in perfekter Symmetrie jeweils ein Mann und eine Frau. Die Männer sind die Bild-Ältesten und stehen ganz vorne am Rand des Bildes. Der Rechte trägt einen roten Mantel samt Kapuze & ist in die Lektüre eines dicken Buches versunken. Der Mann links hat die Lektüre bereits beendet, er hält sein Buch unter dem linken Arm, den Kopf geneigt, den Blick gesenkt. Einerseits wirkt er wie versteinert, andererseits meint man, er sei gerade im Begriff, das Bild zu verlassen, seine rechte Hand und das linke Knie deuten eine Gehbewegung an. Hinter ihm steht eine braunhaarige Frau. Aufgrund der Haarfarbe, der dunkelgrünen & auberginefarbenen Kleidung & weil sie in der Schattenseite der kleinen Kapelle steht, ist das Bild hier am dunkelsten. Ihr gegenüber, denn die beiden Frauen sind der Madonna und einander zugewandt, steht die andere Frau. Sie trägt ein hellviolettes, reich besticktes Gewand & ihre blonden Haare offen. In der einen Hand hält sie ein Glas mit einer grünliches Flüssigkeit, in der anderen eine lange weiße Feder oder eine Art Schilfblatt. Auch die brünette Frau hält ein solches Ding, legt es sich über die Schulter. Lässig, könnte man sagen, wäre da nicht dieser ernste Gesichtsausdruck, der bei ihr am ausgeprägtesten wirkt.
In der Bildmitte, unterhalb der Maria sitzt die einzige Person, deren Blick nicht gen Boden, sondern leicht am Betrachter vorbei geht, ein kleines Mädchen, das Geige spielt.
Über der Madonna erscheint ein weiteres Gesicht, das eines bärtigen Mannes mit Krone. Es ist aus Stein gehauen und schmückt den Thron der Madonna. Über dem Thron erstreckt sich eine prächtige Mosaikkuppel, in ihrem Grundton bräunlich-golden & ausgreifend verziert mit floralen Ornamenten. Der Raum ist weniger eine Kapelle als eine Art Open-Air-Bühne, in deren Halbrund der Madonnenthron steht. Eine weiterführende Decke ist architektonisch angedeutet, jedoch in dem gleichen Himmelblau bemalt wie die seitlichen Außenflächen. Direkt aus dem Himmel hängt nun eine Kette, an der ein großes Ei hängt, Zeichen der unbefleckten Empfängnis Mariens, und weiter unten, aber immer noch hoch über dem Kopf Marias, eine Öllampe. Deren Licht wird jedoch nicht benötigt, da genügend Tageslicht von rechts und links einfällt.
Diese Außenbühne, auf der die Madonna & ihre versteinert wirkende Gesellschaft sich präsentieren ist nun aber keine tatsächliche Bühne, sondern eine gemalte, ebenso wie alles andere Beschriebene gemalt ist. Es handelt sich um das Altarbild in der Venedig-Kirche San Zaccaria, das im Stile einer sacra conversazione die Architektur des tatsächlichen Kirchenbaus weiterführt und gleichzeitig einen neuen Raum aufmacht. Trotzdem bleibt dieser Raum ein zweidimensionales Gemälde auf einer Leinwand, die in den Rundbogen über dem Altar des linken Seitenschiffes eingelassen ist. Das Bild wurde 1505 von Giovanni Bellini ursprünglich auf eine Holzplatte gemalt, im 18. Jhd. jedoch von Napoleons Truppen nach Paris entführt & dort auf eine Leinwand übertragen. Im Laufe der Jahrhunderte und mehrerer Restaurierungen wurde das eigentliche Raumkonzept des Bildes mehrfach geändert. Nun wird die Architektur im Bild oben und unten durch plump wirkende Steinbalken ausgebremst, die die typisch venezianische Bildharmonie stören & eine fließende Anpassung in die tatsächliche Kirchenarchitektur behindern. Auch der rot-weiß-gekachelte Fußboden, auf dem die Figuren stehen, wurde vorne beschnitten & wirkt nun recht knapp bemessen, so dass die Heiligen von ihrer Bühne zu fallen drohen.
Konzentriert man sich jedoch vom Gesamteindruck auf die Personengruppe in der Bildmitte, findet man in diesem Meisterwerk des damals 70-jährigen Bellinis nach wie vor die Harmonie der venezianischen Malerei im 14. und 15. Jahrhundert.
Bei den Personen handelt es sich um den heiligen Hyronimus, dem dieser Altar gewidmet ist, den heiligen Petrus, Katharina von Alexandrien und Lucia. Das musizierende Mädchen zu den Füßen Marias ist ein Engel, wenn auch ohne Flügel.
Die Versunkenheit der Figuren – jede steht und gedenkt für sich, doch in ihrer Andacht sind sie vereint – ist das große inhaltliche Merkmal der sacra conversazione, die über die Darstellung von in Andacht versunkenen Heiligen auch die Gläubigen vor dem Bild zur innerlichen Unterhaltung mit dem Göttlichen anregen möchte.



Donnerstag, 15. Mai 2008

Ultramarinblau/ Marion Starke/ Ultramarinblau 5

Abend, und die frischen Düfte des Aquamarins kühlen mit himmelblauen Schauern die ozeanfarbene Wasseroberfläche. Die Nacht taucht sprachlos in den tiefblaue See.

Ultramarinblau/ Marion Starke/ Ultramarinblau 4

Ultramarinblau ist Königsblau Ultramarinblau ist keine schüchterne Farbe, sie drängt sich in den Vordergrund. Sie ist die Königin aller Farben.

Ultramarinblau ist Universalblau: Aufgrund ihrer Tiefenwirkung wird man in das Ultramarinblau hineingezogen. Ein unendlich tiefes Universum, das in seiner Anschauung rein und unverfälscht zur Geltung kommt.

Ultramarinblau ist Pfaublau: Im Farbton Ultramarinblau schwingt eine besondere Magie mit.


Es ist nicht dein lieblicher Gesang,
in deinem schimmernden Gewand liegt
der Unendlichkeiten Klang.

Magie schwingt in deinen Federn
in deiner eleganten Pracht,
den lauen Sommerabenden bist du Zier.

Pfau, vertrautes unnahbares Wesen,
zu Recht erhälst du den Namen:
"König der Farbe".

Ultramarinblau/ Marion Starke/ Ultramarinblau 3

Es gibt wundervolles Tiefblau, betörendes Himmelblau, stumpfes Taubenblau und romanisches Kornblumenblau. Ist Tiefblau weniger schön als Himmelblau? Jede Nuance ist bezaubernd, aber nur strahlendes Ultramarinblau ist ein reines Blau, das weder einen Stich in das Violette noch in das Grünliche in sich trägt. Ultramarinblau ist ein farbintensives Pigment. Ein reines, kräftig leuchtendes Blau außer Konkurrenz. Ultramarinblau betont schon mit seinem Namen selbst seinen kraftvollen Charakter. “Ultra” steht für äußerst, extrem und übertrieben. “Marin(e)” leitet sich vom Lateinischen marinus – zum Meer gehörig – ab. Das selbe Gefühl, das der Anblick des Meeres auslöst, macht sich in meinem Bauch bemerkbar, wenn ich die extreme Weite, Tiefe und Kostbarkeit der Farbe Ultramarinblau sehe.

Ultramarinblau/ Marion Starke/ Ultramarinblau 2

Provozierende sozialkritische Texte übertönen das Schlagzeugsolo. Du
verkündest jedem mit arrogantem Ton, dass du Ultraminblau zu 83 %
bedeutender findest als Aquamarinblau. Und alle glauben es dir.

Ultramarinblau/ Marion Starke/ Ultramarinblau 1

"Es ist die Doppelnatur der Farbe, die einerseits als matter Puder stoffliche und haptische Qualität besitzt, doch nach längerer Betrachtung das Materielle in sein Gegenteil auflöst und in unergründliche Tiefe entrückt. Ein solcher Transformationsvorgang bewirkt die Transzendierung dieser Farbe und erklärt ihre Magie.” (aus Gercke 1990, S. 426)

Bildbeschreibung/ Redaktionsgruppe/ Frari- Triptychon


Eine kurze Erläuterung: die Redaktionsgruppe unternimmt den Versuch, gemeinsam das Frari- Triptychon zu beschreiben, indem jeder einen Ausschnitt bearbeitet und alle Ausschnitte am Ende zusammengefügt werden.

Bildbeschreibung/ Svenja Wolff/ Frari- triptychon Teil 1

Bildbeschreibung eines Ausschnittes des Fari- Triptychons von Giovanni Bellini

Das äußerste Achtel der Sacra Conversazione ist bestimmt von dem reich verzierten Rahmen. Vom Fundament aus wird das Gemälde am linken Bildrand von einem mit Ornamenten versehenen Pilaster und korinthischem Kapitell begrenzt; in das darüber gesetzte Gebälk ist ein Fries mit Blumenornamenten und ein Gesicht eingearbeitet, welches von einer fackelähnlichen Verzierung gekrönt ist.

Am oberen linken Rand des Gemäldes ist durch Licht und Schatten eine räumliche Flucht auszumachen; deutlich wird diese Räumlichkeit durch einen Pfeiler, der zwar schlichter, aber stark dem Rahmenpfeiler nachempfunden ist. Während der Bildrahmen golden oder bronzefarben scheint, ist der Pfeiler im Gemälde von hellem ocker. Der unverzierte glatte Pfeiler wird zum großen Teil verdeckt von dem faltigen dunkelgrünen Umhang eines Heiligen.

Zwischen dem gemalten Pfeiler und dem plastisch herausgearbeiteten Rahmen kann der Betrachter einen Blick in die Weite erhaschen: in einem dünnen Streifen deuten sich ein tiefblauer Himmel, weiße Quellwolken und eine teils felsige, teils grüne Landschaft an.

Ultramarinblau/ Sara Magdalena Schüller/ VOM SCHWEIGEN UND ABSPRINGEN IN FARBLICHEN BEZIEHUNGEN

VOM SCHWEIGEN UND ABSPRINGEN IN FARBLICHEN BEZIEHUNGEN

„ich sehe was, was du nicht siehst“,
sagt rot zu blau.
„ich sehe rot“, meint blau.
„karmin, mein name sei karmin
und rot werd ich nur noch, wenn du mich kaltstellen willst“.
„rote lippen soll man küssen
und das will ich gleich mal versuchen“, flüstert blau
und beugt sich rüber,
über den arm des ozeans.
„ich sehe was, was du nicht siehst“, mit geschlossenen augen
haucht rot.
und lächelt, während blau schweigt – er ist im meer versunken und fragt sich, ob er seine liebste jemals in diese tiefen wird mitnehmen können und als er wieder auftaucht,
ist rot am brennen.
„deshalb mag ich den winter so gern, weil ich da am kamin sitzen kann, orangen schälen, draußen fallen die walnüsse den baum runter, meine hände mach ich mir schmutzig, wenn ich sie einsammel und dann fängt es an zu schneien – braun, gelb, grün.“
„aber der sommer und seine lauen nächte“, seufzt blau „diese sämigen himmel, nein, da geht nichts drüber“.

im frühling hacken wir auf unseren hellblauen schreibmaschinen, doch im herbst muss das ultramarine kleid raus, damit am strand entlang, wellenschaum auf der oberlippe.

rot gehäutet, blau gemacht und darüber liegt ein magenta und überlegt vom farbkreis abzuspringen.
sie wollte immer schon mal die kanäle sehen. sie sollen so schmutzig sein, dass man – auch tags – nicht die hand vor augen sehen würde. „das ist mein traum – endlich mal nichts mehr sehen, nicht mehr diese ständige reizüberflutung!“
und während blau und rot ihre fingerkuppen ineinander verschränken, macht sich magenta aus’m staub.
sie will das land finden,
in dem tatsächlich alle katzen grau sind
und zwar nicht nur nachts…

Stadtgerüst/ Marion Starke/ Venedig ist einzigartig für ihre Stadtstruktur.

Venedig ist einzigartig für ihre Stadtstruktur.

Venedig ist eine Lagunenstadt im Nordosten Italiens, die den Beinamen La Serenissima („Die Allerdurchlauchtigste“) trägt. Ihr Ausgangspunkt war eine Gruppe von Inseln im Sumpfgebiet, die die Ablagerungen vieler Flüsse immer weiter in die Adria vorschoben. Ab dem 4. Jahrhundert nach Christus wurden die Schlamm- und Sandablagerungen der Lagune nach und nach zur neuen Lebensgrundlage vieler Menschen. Man hatte entdeckt, dass sich unter den Ablagerungen fester Lehmboden befand und dass es möglich war Millionen von Eichen-, Lärchen- und Ulmenpfählen in den sandigen und schlammigen Untergrund zu rammen. Baumstämme aus dem benachbarten Istrien boten die Grundlage für ein Gitternetz aus Pfählen, auf denen inmitten der Lagune von Venedig hohe Gebäude – dicht an dicht gedrängt – errichtet wurden. So entstand im Laufe der Jahrhunderte die "Königin der Meere" mit zahlreichen Kirchen, Plätzen, Gassen und Wasserstraßen. Alleine der Campanille von San Marco ruht auf schätzungsweise 100.000 Stämmen, die Kirche St. Maria della Salute auf rund 1,1 Millionen.

Erst seit 1933 ist Venedig über den Ponte della Libertá mit dem Festland verbunden. Nahe der Zufahrt zu dieser Verbindung beginnt der wohl bekannteste und befahrenste Kanal Venedigs, der Canal Grande. Er schlängelt sich in Form eines umgedrehten „S“ von Nordwesten bis in den Süden durch die Stadt. Den zahlreichen Inseln wurden verschiedene Aufgaben zugewiesen: so gibt es eine Friedhofsinsel (San Michele) oder eine Insel für die Glasbläser (Murano). Dem Festland oblag die Agrarproduktion, später war es für die industrielle Produktion zuständig.
Heute zählen die zahlreichen Kanäle, die die über 100 Inseln miteinander verbinden und die von jedem Reiseführer empfohlenen Gondelfahrten genauso wie die Stadtstruktur zu den zahlreiche Besonderheiten der Serenissima. Viele kleinere Kanäle durchziehen die Sestieri, die sechs Stadtviertel - Cannaregio im Norden, Santa Croce, San Polo und San Marco (Markusplatz) im Zentrum, Castello im Osten, Dorsoduro im Südwesten - wie ein Netz. Teils sind sie angelegt wie Straßen, teils kann man noch die früheren Inselformen in ihnen erkennen.

Der Stadtkern (castrum) war von agrarischen Siedlungen umgeben. Die Bezeichnung der Plätze als campi (Felder) oder campielli (kleine Felder), die zu jeder Insel dazugehören und einst nicht nur Kommunikationsund Verkehrszentrum, sondern auch Handelszentrum der jeweiligen Insel darstellten, lässt sich somit auf eine landwirtschaftliche Tradition zurückführen. Sogar der Markusplatz war im Jahr 1000 noch ein Nutzgarten. Erst im 12. Jh. nahm er seine heutigen Dimensionen an. Das ehemalige politische und kirchliche Machtzentrum weist eine völlig eigene Struktur innerhalb der Stadtstruktur Venedigs auf. Das Gebiet ist durch die große Piazza und die imposanten öffentlichen Gebäude, allen voran der Dogenpalast und die Prokuratien, aber auch durch Bibliotheken und Museen, der Markuskirche und den Glockenturm geprägt. An dem großem Platz schließt die etwas kürzere Piazetta San Marco an.
Das Verhältnis von Adel, Mittelstand und einfachen Bewohnern spiegelt sich im Baugefüge der Stadt wider. Da gibt es einerseits die Paläste der Adligen, die kleineren Wohnhäuser der Kaufleute, die Gebäude der auswärtigen Händler und zuletzt die ausgedehnten Mietskasernen des Volkes.

Östlich des Markusplatzes erstreckt sich seit dem 12. Jhd. das Arsenal, ein Hafengelände, in dem zur Sicherung des Seehandels Kriegs- und Handelsschiffe gefertigt und ausgerüstet wurden. Der Handel mit Byzanz und dem Osten bescherte den Venezianern im Mittelalter den Höhepunkt ihrer wirtschaftlichen Macht. Der Handel reizvoller Waren wie Gewürze, Lebensmittel, Arznei, Stoffe und anderen orientalische Luxusgüter, der im ökonomischen Zentrum der Stadt, dem Rialto-Viertel, vonstatten ging, war essentiell. Aus kleinsten Anfängen entwickelte sich das Staatsgebilde Venedig zu einem der reichsten Staaten im Mittelalter und in der Renaissanceepoche, durch bedachtes Handeln und Verhandeln:
"Wenn der Warenhandel in Venedig zurückgeht, ist dies, wie wenn einem Kleinkind Milch und Nahrung entzogen werden. Deshalb sehe ich klar den Ruin der Stadt Venedig vor mir, weil der Handel schwindet und das Geld, welches Venedigs Glanz und Ruhm hervorgebracht hat, dahinschmilzt." (Tagebucheintrag von Girolamo Priuli, venezianischer Kaufmann anno 1501)

Heute ist es der Handel mit den Touristen der Venedigs Milch und Nahrung ist.

Informationen/ Marion Starke/ Namensfindung

Die Wurzeln des Stadtgebildes reichen bis in die Zeit der Völkerwanderung zurück. Im Jahr 452 n. Chr. flüchteten die Einwohner Aquileas vor dem Hunnenkönig Attila auf die Inseln, von denen einige bereits durch Bauern und Fischer besiedelt waren. Diese zeigten sich von dem Zustrom an Flüchtlingen nicht sonderlich begeistert: "Veni etiam" - da kommen immer mehr. Aus "veni etiam" soll sich später "Venedig" gebildet haben.

Bildbeschreibung/ Henrike Terheyden/ Giobbe

Dieser Versuch einer Bildbeschreibung der Pala di San Giobbe muss noch durch Beschreibung der Architektur im Bild ergänzt werden.

Es ist voll hier in der Apsis. Es ist viel Körper und wenig Raum. Der Raum existiert nicht. Wirklich nicht. Er ist eine Fläche, eine gold schimmernde Fläche in die wir glauben tauchen zu können. Es handelt sich um die Sacra Conversazione Darstellung der Pala di San Giobbe von Bellini, entstanden um das Jahr 1480.

Die illusorische gemalte Apsis ist bevölkert von elf Personen, die in symmetrischer Form angeordnet sind. Der Bildraum ist durch die Mittelsenkrechte, die genau den Körper der Maria mit dem Jesuskind trifft, in zwei Hälften geteilt. Maria sitzt auf einem Marmorthron und grüßt mit der linken Hand in die Richtung, der ihr Blick folgt. Mit ihrer rechten Hand hält sie das Jesuskind, das nackt auf ihrem rechten Knie sitzt. Sie trägt ein blaues Gewand und einen weißen Schleier über einem gold bestickten, roten Unterkleid. Ihr Blick ist ernst.
Das Kind auf ihrem Schoß trägt die gleiche Ernsthaftigkeit im Gesicht, mit dem Unterschied, dass die Trauer, die bei Maria in der Ernsthaftigkeit mitschwingt, bei Jesus ein Erschrecken ist. Er hält sich mit seiner rechten Hand an den Falten des Gewands der Mutter fest, die linke ruht auf seiner Brust. Beide Beine sind angewinkelt, und wie zum Loslaufen versetzt gehalten. Sein Blick ist nach links oben aus dem Bildraum gewandt, Maria schaut nach rechts, etwas tiefer.
Zu ihren Füßen musizieren drei Engel, gekleidet in blau, grün, gold und einer trägt einen roten Schal. Sie bilden ein in sich geschlossen funktionierendes Dreiergespann, zwei sitzen im Vordergrund, einer etwas weiter nach hinten versetzt. Zwei ihrer Blicke sind in die gleiche Richtung gerichtet, in die das Jesuskind schaut.
Die drei Engel flankierend, aber etwas weiter in den Vordergrund geschoben, stehen links und rechts jeweils drei Heilige. Links von der Mutter Gottes (aus der Sicht des Betrachters) stehen der heilige Franziskus, Hiob und Johannes der Täufer, rechts von ihr die Heiligen Sebastian, Dominikus und Louis von Toulouse.
Die beiden Dreiergruppen sind ebenfall symmetrisch zueinander. Bellini umgeht Eintönigkeit sehr klug, ohne die Gleichmäßigkeit aufs Spiel zu setzen, indem er die beiden Dreierfiguren gleich aufbaut, sie aber mit hundertachtzig Grad zueinander dreht. So stehen links zwei Figuren vorne und einer im Hintergrund. Rechts jedoch steht nur der heilige Sebastian, der mit seinen Pfeilen an sich schon viel Platz benötigt, im Vordergrund, und seine beiden Begleiter füllen den Raum hintern ihm. Auch in den Blickrichtungen der Heiligen hat sich Bellini für ein ausgewogenes aber nicht zu offensichtliches Dreierverhältnis entschieden. Drei der Heiligen betrachten das Jesuskind versonnen und in Andacht (Johannes der Täufer, Hiob und Louis von Toulouse), die anderen drei richten ihre Blicke nach innen oder aus dem Bildrand heraus, ähnlich wie die Mutter Gottes und das Jesuskind.
Der heilige Franziskus trägt seine entbehrsame Franziskanerkutte mit der geknoteten Kordel, in einem braun, das grün scheint und von der Farbe des Gewandes des mittleren Engels aufgegriffen wird. Er steht nach außen gedreht, in seiner Armhaltung greift er die des Jesuskindes auf und präsentiert so seine Stigmata. Seinen rechten Zeigefinger hält er in die Wunde an seinem Brustkorb, ein Loch in seiner Kutte lässt dies zu. Sein Blick ist leidend bis kontemplativ.
Zu seiner Linken, dem Jesusknaben am nächsten, steht Hiob, wie meistens beinahe nackt, allem entbehrend, was irdisch ist und dennoch voller Demut. Mit aneinander gelegten Händen und im dynamischen Kontrapost ist er der Gottesmutter zugewandt. Im Tuch um seine Hüften finden sich die Farben des linken Engelsgewandes wieder. Seine Lippen sind leicht geöffnet und seine Mimik ist staunend andächtig. Seine angewinkelten Arme weisen sowohl auf das Jesuskind, als auch auf die grüßende Hand der Gottesmutter.
Hinter den beiden Heiligen steht beinahe ganz verdeckt Johannes der Täufer, in grünem Gewand und nur erkennbar an dem zierlichen Holzkreuz, das hinter Franziskus aufragt und sich im Zwischenraum zwischen Hiob und Franziskus so fortsetzt, dass man annehmen muss, es sei durch seine Hand gehalten. Auch er richtet den Blick auf das Jesuskind, vielleicht etwas weiter in den Bildraum hinein, als Hiob. Nur schwer kann man seine Augen deutlich ausmachen. Die Heiligenfiguren stehen in keinem kommunikativen Kontakt zueinander.
Ebenso auf der anderen Seite, auf der sehr deutlich der heilige Sebastian dominiert. Er steht mit hinter dem Rücken verschränkten Armen und mit zwei Pfeilen im Körper zentral im rechten Bildraum. Ein Pfeil steckt ihm im Unterleib, des andere im linken Schienbein. Er ist bis auf ein weißes Tuch um die Lenden unbekleidet und bildet so das Gegenstück zu dem weichen Inkarnat des Hiob auf der anderen Seite. Sein Kopf ist leicht geneigt, sein Blick unter der weich wallenden Haarpracht schmachtend, andächtig aus dem Bildraum heraus gerichtet. Auch er steht in leichtem Kontrapost. Wirkt ein wenig, wie nur kurz vom Marterpfahl weg gebeamt, direkt in die Apsis hinein. Die Arme noch verbunden, doch ohne Pfahl.
Verlängert man die Linien, die die Pfeile etablieren, erhält man die Konstruktionslinien für Hiobs Schultern und Knie.
Hinter Sebastian ist Dominikus in sein Buch vertieft, erkennbar an seiner schwarz-weißen Kutte und dem Buch. Das weiße Unterkleid seines Gewandes trifft sich in einer geschwungenen, das Auge leitenden Linie im Instrument des mittleren Engels und im Inkarnat des Gottesknaben wieder. Seine unter dem Buch gefaltenen Hände weisen schräg nach oben zur Gottesmutter. So bilden die Hände von Hiob, der Mutter Gottes und Dominikus ein imaginäres Dreieck, das den Schoß der Gottesmutter und das Jesuskind einschließt.
Ganz am Rand und kaum zu sehen (eventuell durch Beschneidungen der Bildfläche?) befindet sich Louis von Toulouse, erkennbar am Bischofsornat und mit jugendlichen Zügen. In der linken Hand hält er den Bischofsstab, von dem sich nur noch ein Teil seiner Krümmung im Bildrand befindet. Sein Blick ist auf Mutter und Kind gerichtet, sein Ausdruck andächtig, ehrfürchtig.

Versuch einer ikonografischen Interpretation

Die Tatsache, dass die Apsis wirklich wirkt, sich in die alltäglichen Bewegungszusammen-hänge der Gläubigen einzugliedern scheint, vermittelt Nahbarkeit, die aber durch die würdevolle Haltung der Heiligen und der Mutter Gottes nicht mit lapidarer Vertrautheit verwechselt werden kann. Diese Distanz trotz der Nähe schafft auch die Sicht von Unten auf das Geschehen, die die Betrachterin erfährt. Außerdem ist die illusorische Apsis auch ein Verweis auf das Himmelreich Gottes. Da, aber doch nicht da, präsent und dreidimensional und doch nicht betretbar.

Die deutliche Konzentration auf den symmetrischen Aufbau haben wir der besonderen Wichtigkeit der Gottesmutter zu verdanken. Sowie der Versinnbildlichung einer „göttlichen Ordnung“. Maria verdient den zentralen Platz, durch den Thron und die Architektur, in zarten Linien angedeutet, hat sie „den direkten Draht nach oben“. Vielleicht ist es auch dieser heiße Draht, der sie den Kreuzestod ihres Sohnes bereits voraussehen lässt. In ihrem ernsten Blick spiegelt sich die Sorge und die Trauer aus der Vorhersehung wieder. Und noch jemand anders scheint diese Hinrichtung vorherzusehen: der heilige Franziskus, der als Erkennungszeichen die Kreuzeswunden Christi trägt, und auf sie hin weist, wiederholt die Bewegungen des Christusknaben, oder kopiert Christus den heiligen Franziskus? Diese Doppelung ist ein deutlicher Hinweis auf die Kreuzeswunden, und selbst der Jesusknabe scheint schon mit dem Erschrecken in seinem kindlichen Gesicht seinen Vater zu fragen, warum er durch diese Folter wird gehen müssen.

Die vermehrt auftauchenden Dreierkonstellationen dürfen sowohl als optisch ausgewogene Kompositionsmittel verstanden werden, als auch als direkter Verweis auf die Dreifaltigkeit.
Die Dreiergruppen finden wir sowohl in den beiden Heiligengruppen, wie auch in der Anordnung der Engel, und der drei Parallelen aus Säulen und Thron.

Das bereits beschriebene imaginäre Dreieck, das die Hände von Maria, Dominikus und Hiob bilden, schließt den Schoß der Gottesmutter und des Jesuskind ein. Neben der deutlichen Ansprache der Gottesmutter in der Kuppel der Apsis als „unberührte Blume jungfräulicher Keuschheit“, ist diese Komposition ein weiterer Verweis auf die unbefleckte Empfängnis Mariens und die Anwesenheit Gottes.

Die anwesenden Heiligen verkörpern Entsagung und bedingungslosen Gehorsam (Franziskus und Hiob), Johannes der Täufer gilt als Wegbereiter Christi und wichtiger Prediger. Bei ihm werden Worte in Taten umgesetzt (die Taufe), ähnlich wie bei Dominikus, der die klösterliche Armut mit dem unbedingten Postulat nach Bildung vereinte. Der heilige Sebastian und Louis von Toulouse wurden traditionell gegen die Pest angerufen und Sebastian war ein Sinnbild für das Märtyrertum.

So finden wir also die Hauptthemen: Unbefleckte Empfängnis, Selbstaufgabe und Hingabe und Bildung im Namen Gottes, als zentrale Themen zur Begegnung mit Gott.

Präsentationsorte/ Henrike Terheyden/ Containertraum

In etwa so, vielleicht:

Präsentationsorte/ Henrike Terheyden/ Container

Da wir ja anscheinend die ausweichende Macht sind, was unsere Präsentationsorte angeht, habe ich gedacht: dann weichen wir doch ganz autonom! Und zwar würde uns die Containerfirma Donath einen herkömmlichen Müllcontainer zur Verfügung stellen. Nach einigen Verhandlungen haben sie sogar angeboten so ein Ding für uns abzudichten, so dass wir das mit Wasser füllen können. Sie würden uns das bringen und auch wieder abholen. Und zwar umsonst, nur mit der Auflage ein Plakat ( 1m x 1,20m) von denen aufzuhängen.
Ich dachte wir bauen uns unser eigenes Venedig. Man könnte zum Beispiel einen Hochsitz reinstellen und dann von dem aus lesen. Es gibt die Container in Höhen, die man als Otto-Normal-Steherin noch von oben einsehen kann. Dann könnten wir das Ding auf den Domänenhof stellen und Lilly Lilly sein lassen. Wir sind da ja auch ganz frei in unserer Gestaltung. Idee zwei: Wenn wir das Ding irgendwie in den Garten kriegen, kann man die Zuhörerschaft auf den Balkon setzen und im Wasser zu der Lesung eine kleine Lichtperformance an den Abenden stattfinden lassen. Lasst Euch das mal bitte durch den Kopf gehen, ich hoffe das geht überhaupt, ich meine versicherungsmäßig. Das müsste man dann noch einmal abklären. Ich bitte um Meinungen!

Ultramarinblau/Hanna/Recherchegruppe

Hanna Breinlinger/Recherchegruppe (Mai 08)



Infos zu „Ultramarinblau“

(aus: Farben – Natur/Technik/Kunst, N. Welsch & C.C. Liebermann,
Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg/Berlin, 2003)



die Farbe
:
Ultramarin ist eine dunkelblaue Farbe, die innerhalb der blauen Farbfamilie den höchsten Sättigungsgrad, die höchste Leuchtkraft und die größte Wärme ausstrahlt. Ihr Name leitet sich von dem Umstand ab, dass der ursprüngliche, natürliche Rohstoff, nämlich der Lapislazuli nicht in Europa vorkommt, sondern aus dem zentralasiatischen Raum über ein Meer (lat. ultra mare) eingeführt werden musste. Deshalb ist natürliches Ultramarin-Pigment eine der kostbarsten Malfarben, die im Mittelalter mit Gold aufgewogen wurden. [...]
Obwohl Ultramarin zu den kostbarsten Pigmenten zählt, gehört es aufgrund seiner Farbeigenschaften, nämlich hoher Leuchtkraft und vor allem alterungsbeständiger Lichtechtheit
zu den beliebtesten Farben in der Kunst. Lediglich gegenüber Säuren ist Ultramarin empfindlich, weil der im Farbpigment enthaltende Schwefel mit Säuren reagiert und das Ultramarin in Bildern stumpf werden lässt. Deshalb wurde die Malfarbe auch niemals für die Fresco-Wandmalerei verwendet. [...]
Aufgrund der Nachbarschaft zum Handelshafen war
Ultramarin für venezianische Renaissancemaler freizügiger und kostengünstiger zu erwerben, als für die flämischen oder deutschen Zeitgenossen. In Absprache mit den Auftraggebern wurden für die zentralen oder heiligen Bildinhalte, wie Madonnenmäntel in der Renaissance oder der Himmel in der Barockmalerei, mit dieser kostbaren Farbe gestaltet.“ (S. 194 f.)


der Stein
:
Lapislazuli (auch Lasurit, Lasustein) ist ein tiefblauer Halbedelstein, der seit 5000 Jahren als Schmuck- und Schutzstein sowie als begehrter Farbpigment-Rohstoff für die Farbe Ultramarin hoch geschätzt wird. [...]
Als Farbmittel wurde der zerkleinerte Halbedelstein bereits im 6. Jahrhundert n. Chr. in Afghanistan zur Ausschmückung von Tempeln genutzt, in der indischen und chinesischen Malerei ist er ab dem 11. Jahrhundert nachgewiesen. 1271 berichtete der berühmte Orientreisende Marco Polo (1254-1324) von dem leuchtend blauen Farbpigment, das er in Afghanistan gesehen hatte. In der europäischen Malkunst spielte
Lapislazuli als Rohstoff für das äußerst kostbare Farbpigment Ultramarin erst ab dem 15. Jahrhundert in der Renaissancemalerei eine wesentliche Rolle. Wegen des enormen Preises für diesen Rohstoff sollen die Auftraggeber von Bildern das Farbmittel bereitgestellt haben. Gegenwärtig werden echte Lapislazuli-Pigmente in Deutschland für mehrere Hundert Euro pro 100 g des Farbmittels angeboten. Das Pigment wird gewonnen, indem der Stein feinst zermahlen und in einem Stoffsäckchen in Wasser bewegt wird. Das dabei durch das Gewebe dringende und sich am Boden absetzende feine Pulver ist das begehrte Blaupigment, das mit einem entsprechenden Bindemittel versetzt zum Einsatz kommt. [...]
Bis in die jüngste Vergangenheit lagen die ertragreichsten und reinsten Lapislazulivorkommen in Afghanistan, und zwar im westlichen Hindukusch-Gebirge, wo der Stein seit mehr als 5000 Jahren abgebaut wird.“ (S. 191 f.)


synthetisches Ultramarin
:
[...] synthetisches Ultramarinblau [...] wird durch Erhitzen und Schmelzen von Soda, Ton und Schwefel erzeugt.“ (S. 153)
Synthetisches Ultramarin ist nicht so lichtbeständig wie natürliches, doch wetterbeständig, aber nicht säureresistent. Wegen der heutigen, leicht säurehaltigen Atmosphäre kann es kaum als Außenfarbe verwendet werden. Und seine Aufarbeitung und Verwendung als Malfarbe ist ziemlich heikel, weil die Farbe u.a. leicht verläuft.
Gegenwärtig gehört synthetisches Ultramarin zu den wichtigsten Blaupigmenten, mit dem Öl- und Aquarellfarben für Künstler, Druckfarben, Lacke, Kunststoffe, Stempelfarben und Kosmetika eingefärbt werden. [...]
Da sowohl natürliches als auch synthetisches Ultramarin ungiftig ist, dürfen damit Lebensmittel gefärbt werden.“ (S. 195 f.)


Philosophie & Psychologie
:
In der Kunst gilt Blau als Farbe der Ferne, des Geistigen und Göttlichen. Bei mittelalterlichen Gemälden wurden besonders wichtige Bildteile, Objekte oder Figuren in Blau und Gold dargestellt.“ (S. 70)
Einige Künstler, die sich lange mit der Farbe [Ultramarin] auseinander gesetzt haben, betrachten die Farbe als kosmisches Urelement und behandeln sie in ihren Bildern als immateriellen Gegenpol zur irdischen Welt.“ (S. 196)
Psychologisch übt Blau genau die entgegengesetzte Wirkung wie Rot auf den Betrachter aus, nämlich beruhigend und entspannend. Blau gilt als Farbe des Gemüts, als Farbe des Träumens und der Sehnsucht. Sie soll für das Unbewusste, die Sanftheit und Tiefe stehen, aber auch für die Klugheit, die Genauigkeit, die Pünktlichkeit, die Leistung, den Mut, die Wahrheit und die Treue.“ (S. 70)




links: natürliches Ultramarin
rechts: synthetisches Ultramarin
(Quelle: Wikipedia/Ultramarin)

Ultramarinblau/ Svenja Wolff/ Ultramarinblau

Ultramarinblau. Als müsste die Farbe ihre Kraft betonen. Ultra – stark. Als müsste sie beweisen, dass sie mehr leuchtet als andere. heller. tiefer. klarer. Es ist, als protze sie, so wie die Waschmittel in der Werbung. Alles Mega und Ultra.
Ultramarinblau. Als würde die Farbe das größte blaue etwas bestimmen, das auf der Wlet zu finden ist (obwohl das Meer ja gar nicht blau ist, sondern nur das noch größere Blau des Himmels reflektiert).
Kann man eine Farbe arrogant nennen?
Wie sieht eine arrogante Farbe aus?

Drehen wir das ganze einmal um. Diese kläglichen Benennungen – ultra, marin – sind wieder einmal nur die unzulänglichen Versuche der Menschheit, das, was gesehen wird, in Sprache umzuformen, womit sie sich selbst zum scheitern verurteilt hat, denn niemals wird das Werkzeug Sprache eine Sache an sich ergreifen können. Die menschliche Sprach bleibt Versuchsreihe.
Und damit bleibt auch Ultramarinblau ein Opfer unserer Versuche, Opfer meines Versuchs hier und jetzt, ihr mit Worten gerecht zu werden.

Anstatt an Lapislazuli zu denken oder an andere umwerfen leuchtende Dinge, denke ich Dank meiner Sozialisation an Waschmittel und an den teil des deutschen Militärs, der auf dem Wasser stationiert ist.
Eine glatte Fehlbenennung einer Farbe?
Oder eine glatte Fehlsozialisierung?

Festzuhalten bleibt: es ist ein eigenartiger Name für eine eigenartige Farbe.

Stadtgerüst/ Svenja Wolff/ Der Fisch

Auf der Karte sieht Venedig aus wie ein Fisch. Ein steinerner Fisch in der Lagune. Sein Auge ist der Bahnhof, an ihm vorbei schlängelt sich der Canal Grande, durch den gesamten Fischkörper, um schließlich an der unteren Flosse ins Bacino de S. Marco zu münden.

Der Kanal ist die Hauptader, von der aus sich ein kapillarenartiges Netz aus Wasserarmen ausbreitet und die Stadt in kleine Häuserblockmassive zerteilt. Darüber spannt sich ein ebenso verworrenes Netz aus kleinen Gassen und Brücken, vierhundert an der Zahl; sie überwinden die Wasseradern und machen eine Durchquerung auch ohne Boot möglich.

Verlassen wir die Zweidimensionalität der Karte und stellen uns vor, mitten im Fischbauch, im Zentrum der Stadt, zu stehen, so tun sich in der Vertikalen ebenso Ebenen auf. Das Fundament aus Holzpfählen, von Wasser umsäumt, lässt den Bau von Kellern nicht zu. Dann das Straßen- und Brückennetzwerk, dem die Kanäle, außer bei Hochwasser, erliegen. Die mehrstöckigen Häuser, dicht aneinander gedrängt, halten die Straßen so klein und eng wie möglich. Auf ihren Dächern schließlich, thronen überall Terrassen, klein, verwinkelt, versteckt, die einen, wenn man denn Zugang hat, zumindest zeitweilen der Enge der Gassen entkommen lassen. Dies tun nicht zuletzt auch die Campos, die Piazza und andere Plätze, die in der Enge wieder Weite schaffen, so wie das Wasser, in dem der steinerne Fisch seit Jahrhunderten liegt.

Samragdgrün/ Svenja Wolff/ Smaragdgrün

Smaragdgrün -
in ein Gestein eingeschlossen, in der Erde verborgen, schon ewig dort gewesen. Bis die Menschen sie sich zueigen machen wollten, sie ausbuddelten aus der Tiefe und sie, ihn Form von glitzerndem Schmuck, mit Edel, Adel und Kostbarkeit verbanden. Smaragdgrün.

In der Tat hat es etwas Anmutendes. Doch das rührt nicht von der Kostbarkeit des Gesteins her, sondern von seiner Zeitlosigkeit. Smaragdgrün folgt einem anderen Rhythmus als das Grün der Blätter. Es ist uralt und überdauert uns. Das Wissen darum scheint es uns entgegenzustrahlen, aus der Tiefe des Gesteins, rührt es etwas in uns: ungreifbar, unerreichbar und doch immer da.

Vorstellung/ Svenja Wolff/ Erste Assoziationen

Das erste, was mir in den Sinn kommt, wenn ich an Venedig denke, ist Wasser. Das ist wohl nicht so weit her geholt. Ich denke an moosig grünes Wasser, an Nebel und an Pfützen.

Ich habe diese vage Kindheitserinnerung. Als ich ungefähr 6 Jahre alt war, machten meine Eltern mit mir und meinen Schwestern von Österreich aus einen Tagesausflug nach Venedig. Wir sind Gondel gefahren. Ich sehe noch vor mir, wie die Gemäuer, dort, wo sie in den engen Gassen auf das Wasser trafen, Moos ansetzten.

Das zweite, was mir lebhaft in Erinnerung ist, ist eine riesige Piazza mit den größten Pfützen, die ich je gesehen hatte, und Unmengen von Tauben. Was gäbe es Spannenderes für ein sechsjähriges Kind! Meine Schwestern und ich sprangen durch die kleinen Seen, spritzten herum und jagten grau gefiederte Schwärme, die sich kaum bequemten, hinfort zu fliegen.

Das letzte, was mir in Erinnerung geblieben ist, steht heute noch im Hause meiner Eltern auf einem Regal, ganz oben, ganz verstaubt. Es handelt sich um die damaligen Objekte unserer Begierde, die unsere Eltern uns nach einigem Quengeln gütigerweise kauften: kleine bunte Tierchen aus Glas. Ich hatte 7 kleine Kraken, eine ist auf der Heimreise kaputt gegangen.
Dies ist mein persönliches Bild von Venedig. Ein verblasstes, löcheriges und doch zauberhaftes.

Andere Menschen hörte ich meistens folgendes über Venedig sagen: Dass die Gondelfahrten unbezahlbar teuer geworden sind. Dass die Stadt irgendwann im Meer versinken wird. Dass sie märchenhaft schön ist, doch wenn man genauer hinschaue, sei sie ganz schön gammelig. Entspricht das dem allgemeinen Bild von Venedig? Ich hoffe nicht.

Was ich mir heute vorstelle, wenn ich an Venedig denke - meine Wunschvorstellung gewissermaßen - sind enge Gassen, in denen man verloren geht und in denen man an jeder Ecke auf etwas Unverhofftes stoßen kann. Auf kleine altertümliche Schätze -alte Fresken oder Reliefs in den Gemäuern zum Beispiel, oder ein altes Weib, das vor seiner Haustür sitzt und den Morgen genießt, verwitternde Skulpturen oder eine von außen kaum ersichtliche Kapelle. Alles ist ein bisschen abgenutzt. Ich stelle mir kleine Cafes vor, mit rotweiß karierten Tischdecken und gutem Espresso. Boote und Gondeln, und wie ich die Füße vom Kai aus ins Wasser baumeln lassen kann. Doch je mehr ich darüber nachdenke, umso mehr komme ich mir wie ein romantisierender Tourist vor, umso ferner wird mir die Stadt.

Die Kunst? Wo bleibt die Kunst in meiner Vorstellung? Noch ist sie kaum existent, denn als Kind habe ich sie nicht wahrgenommen. Mir kommen byzantinische Mosaike in den Kopf, kolossale Renaissancebauten, riesige Basilika, mit orientalischen Einflüssen. Malereien mit Fluchtpunktperspekive, Säle und Tempel, akribische Stofflichkeit im Faltenwurf der Gewänder anmutender Gestalten.

Die Gemälde und Bauten - ich kenne sie nur aus Büchern; sie lassen in mir ein Bild von längst vergangenem Reichtum und Blüte entstehen, die auch heute noch glänzen und schimmern, in einer ansonsten moosig grünen, abgenutzten, alten Stadt.

Ultramarinblau/ Nora Wicke/ Ultramarinblau

ultramarinblau

für die seeleute dass sie dem meer an seine bläulichsten stellen am nächsten sind

die lieblingsfarbe meiner schwester die von den hausbooten schwärmt am fluss in der stadt und mit einem von der sonne ausgeblichenen stuhl vor der türe ist das königsblau eine farbe die es gut meint da es zwischen dem blick nach oben / in einen wolkenfreien himmel / und dem blick vom sand aus zu den vorbeiziehenden weißkantigen schiffen / verbinden kann / mittendrin vor meinem augen dieses blau sich festsetzt auch wenn nur eine kleine stelle ultramarinblau genannt werden darf / die von hier aus eventuell gar nicht sichtbar

Montag, 12. Mai 2008

Stadtgerüst/ Hanna Breinlinger/ Klappergerippe

Hanna Breinlinger (Mai 08)


Klappergerippe (zur Stadtstruktur Venedigs)


„Venedig ist ein Fisch“, behauptet der außergewöhnliche Reiseführer von Tiziano Scarpa.
Und das Cover-Bild beweist: der Stadtkern von Venedig hat die Form eines Fisches: der Bahnhof im Nord-Westen könnte das Auge darstellen, mit der angedeuteten Bahnverbindung aufs Festland als Wimper, bei den Arsenale im Osten beginnt der Schwanz, die große Kurve des Canal Grande deutet eine Flosse an, und das südlich vorgelagerte Giudecca ist sein weit geöffneter Schlund.
Wenn Venedig ein Fisch wäre, dann kein Tiefsee-Fisch, sondern einer, der in seichter Küstennähe, in der „Laguna Veneta“, vor sich hindümpelt.
Venedig dümpelt nicht nur, es verwest. Aber ohne Fischgeruch - denn Venedig ist kein Fisch, sondern ein Konstrukt aus Stock & Stein, das vom Wasser langsam zerfressen wird.
Dieser Fisch ist an die 1500 Jahre alt. Ab dem 4. Jahrhundert nach Christus begann er von Menschenhand zu wachsen. Nach & nach wurden die kleinen Schlamm- & Sandinseln der Lagune mit Baumstämmen aus dem nahen Istrien durchbohrt und fanden Halt in dem sich darunter befindenden Lehmboden. Auf dieses Gitter von Stämmen baute man Fundamente & darauf dann das Mauerwerk. So entstanden im Laufe der Jahrhunderte sechs Stadtteile mit zahlreichen Kirchen und Palazzi, Plätzen & Gassen. Politisches und kirchliches Herzstück der Stadt war der Markusplatz, an dem der Dogenpalast und die Markuskirche liegen, und in dieser wiederum die Gebeine des Heiligen Markus - angeblich. Östlich des Markusplatzes liegen die Arsenale, ein weitläufiges Hafengebiet, in dem die Schiffsflotten gefertigt & beherbergt wurden, die Venedigs Stellung als Weltmacht am Meer begründeten. Die Waren, die diese Schiffe brachten, Lebensmittel, Gold und edle Stoffe, wurden im ökonomischen Zentrum der Stadt gehandelt, dem Rialto-Viertel, dass sich seitlich von der Mitte des Canal Grande befindet.
Heute nehmen wir Venedig als einen einzigen, kunstvoll geformten Steinklumpen wahr, doch vom Grunde aus ist es ein Konglomerat aus vielen kleinen Inseln, die eng beieinander liegen, durch Kanäle getrennt & mit unzähligen kleinen und größeren Brücken verbunden sind. Jede Insel hat mindestens einen Platz und eine Kirche, ausgenommen das Ghetto, das jüdische Viertel der Stadt - das zahlreichen anderen Außenseiter-Stadtteilen auf der Welt seinen Namen gab - hier findet man mehr Synagogen als Kirchen. Sie sind jedoch nicht so präsent wie die christlichen Gotteshäuser, sondern verstecken sich in den oberen Stockwerken der eng zusammenstehenden Häuser. Lange waren die venezianische Juden auf ein klar abgestecktes Terrain beschränkt & mussten so besonders eng & hoch bauen. Während die Gebäude Venedigs in der Regel 2-, höchstens 3-4-stöckig sind, haben die Häuser im Ghetto 7-8 Stockwerke, weil der Platz nach oben der einzig verfügbare war.
Wenig Raum-Probleme hingegen kannten die reichen Adelsfamilien der Stadt. Sie bauten sich großzügige Palazzi, in denen ein Saal & ein Garten Platz fanden, vornehmlich direkt am Canal Grande gelegen, der Hauptverkehrsader der Stadt, & damit die repräsentativste Adresse.
Der Wasserweg war lange Zeit der meistgenutzte Weg in Venedig, doch heute dominiert der Fußweg. Viele Kanäle wurden zugeschüttet, um neue Gehwege zu schaffen. So ist Venedig auch ein Labyrinth aus Gassen & Gässchen, die sich „fondamenta“ nennen, wenn sie an einem Kanal entlang laufen, oder „sotoportego“, wenn sie unter Gebäuden hindurch führen.
Die Entlastung der Wasserwege kommt der ganzen Stadt zugute, denn der Wellenwurf der Boote nagt langsam aber unaufhörlich an den alten Gemäuern. Deshalb dürfen die Wasser-Busse und -Taxis nur eine bestimmte Höchstgeschwindigkeit fahren - auch zur Freude der alteingewippten Gondeln, die lieber ruhiges als aufgewühltes Wasser mögen.
Doch auch das Motorboot hat seinen unnatürlichen Feind: das Kreuzfahrtschiff – dieses kommt aus der ganzen Welt & darf aus Richtung Lido bis nahe an den Markusplatz heranfahren. Dort liegt es dann & überragt fast die ganze Stadt, während die ausströmenden Massentouristen die engen Gassen verstopfen. Der Tourismus ist heute der größte Triumph Venedigs, doch er ist auch maßgeblich an dem voranschreitenden Verfall beteiligt. Sei es durch die Kreuzfahrtschiffe, oder durch Billigflieger, die noch anhaltender am Anstieg des Meeresspiegels mitarbeiten ...


Karminrot/ Hanna Breinlinger/ Ka(r)minrot

Hanna Breinlinger (Mai 08)


Ka(r)minrot


Meine ursprüngliche Assoziation zur der Farbe Karminrot hat sich, nun, da ich die Fakten recherchiert habe, als falsch erwiesen. Ich ging davon aus, die Farbe hieße „Kaminrot“ - dazu dachte ich mir einen Kamin aus rötlichen Backsteinen.
Auch wenn die Farbe nichts mit einem Kamin zu tun hat, bleibt sie dennoch eine warme Farbe. Rot ist grundsätzlich ein warmer Ton, auch wenn es Nuancen gibt, die die Wärme besser transportieren als andere, beispielsweise als ein sehr grelles Rot.
Was bedeutet nun aber das Wort „Karmin“ & weshalb wurde die Farbe danach benannt?
Wikipedia verrät, dass „Karmin“ von dem arabisch-persischen Wort „Kermes“ für „Scharlachbeere“ abgeleitet ist. Demnach ist Karminrot eng verwandt mit Scharlachrot. Darunter stelle ich mir einen vollen, mitteldunklen, aber dennoch signalhaft wirkenden Rot-Ton vor.
Ebenfalls „Kermes“ heißen die Schildläuse, aus denen der Farbstoff ursprünglich gewonnen wurde. Heute wird er meist künstlich erzeugt & nennt sich, wenn man ihn in Lebensmitteln oder Kosmetika wiederfindet, E 120, oder, in leichter Abwandlung, E 124.
Auch aus dem Läuse-Karmin kann man unterschiedliche Rot-Töne gewinnen: von „Scharlachrot“, über „Karminrot“ bis „Purpurrot“ - wieder ein neuer Rot-Ton, den man genauer differenzieren müsste oder könnte.
Wenn ich mir nun die neuen Fakten überlege, nämlich auch, dass erst 1 Kilo Läuse 50 Gramm Farbe ergeben, bleibe ich lieber bei meiner harmlosen Vorstellung von „Kaminrot“, das von rötlichen Backsteinen kommt ... also ein warmes, abgedämpftes Rot, dass zwischen Orange und Braun changiert.
(Nach einer kurzen Unterhaltung mit Frau Ritter, in der ich sie auf ihre – nach meinen Vorstellungen - karminrote Hose ansprach, stellte sich heraus, dass es sich bei dem von mir gedachten Farbton doch eher um ein Rost-Rot handelt ...)

Smaragdgrün/ Hanna Breinlinger/ Assoziationen zu Smaragdgrün

Hanna Breinlinger (April 08)


Assoziationen zu Smaragdgrün


Smaragdgrün - das sind für mich edle Geschmeide an den Körpern reicher und berühmter Frauen.
Maria Callas zum Beispiel, die zu einem Empfang eine große Abend-Robe trägt und dazu ein grün-funkelndes Collier.
Oder Ohrringe, oder einen Ring, oder alles auf einmal - Smaragdgrün ist Luxus. Ein wertvoller Schmuckstein, der in Gold, Silber oder Platin gefasst ist, alleine, oder gepaart mit Diamanten, mit denen er um die Wette strahlt.
Auch mit den Augen des Stars - aber der Stein ist keine Konkurrenz, sondern ein gebührender Begleiter, der die Erscheinung der Trägerin veredelt.
Der Name des Farbtons stammt von dem entsprechenden Edelstein: dem Smaragd. Es ist demnach kein dumpfes Moosgrün oder dunkeles Fichtengrün, nicht dicht und undurchdringlich, sondern ein durchstrahlend transparentes Grün. Der geschliffene Stein lässt das Licht einfallen & spiegelt es gleichzeitig wieder.
Smaragdgrün erinnert mich auch an Reptilien: Geckos oder Chamäleons, deren Farbton nicht eindeutig zu bestimmen ist, sondern zwischen verschiedenen Nuancen changiert.
Dennoch ist es eher dunkel - ein reifes Grün, dass von reiferen Damen getragen wird.
Smaragdgrün übt Zurückhaltung & Eleganz, anstatt offensiv und ordinär zu sein.
Es hat Glamour - keinen pinkfarbenen Paris-Hilton-Glamour, sondern die Klasse von großen Opern-Diven.
Ein Grün, das besser zu dunklem als zu blondem Haar passt & weniger zu Lipgloss als zu tiefrotem Lippenstift.


Vorstellung/ Hanna Breinlinger/ Venedig-Bilder

Hanna Breinlinger (April 08)


Venedig-Vorstellungen/Venedig-Bilder


Ende September/Anfang Oktober des letzten Jahres habe ich 10 Tage in Venedig verbracht & dort viele spezielle & persönliche Bilder gesammelt – deshalb fällt es mir nun etwas schwer, über allgemeine Bilder nachzudenken. Ich muss also in die Zeit vor dieser Reise zurückgehen und mich fragen, welche Vorstellungen ich damals von Venedig hatte.
Oder überlegen: welche der gesammelten Bilder sind eher allgemein(gültig)?
Venedig ist im Allgemeinen wohl das, was man von Postkarten-Motiven kennt: blauer Himmel, türkisfarbene Lagunen-Kanäle, schwarzlackierte Gondeln, die von stroh-behuteten Gondolieri kunstvoll gesteuert werden. Die Passagiere sitzen in gepolsterten Stühlen & werden von Live-Musikern begleitet, wenn ihr Budget es erlaubt.
Rechts & links der Kanäle, vornehmlich des Canale Grande, erheben sich die Palazzi aus dem Wasser der Lagune. Es sind prächtige Bauten, die den Charme des Altertümlichen verströhmen.
Putz blättert ab, je weiter unten, desto mehr, denn das Wasser knabbert langsam aber unaufhörlich an der Stadt.
Venedig, das bedeutet auch Untergangs-Szenarien: wie lange wird Venedig noch stehen? Wann siegen Wind, Wetter & Wasser und erobern sich das eigentlich unbebaubare Terrain zurück? Welche neuen Pläne gibt es, die Stadt zu retten? Wird ein Millionen verschlingendes Schleusen-System gebaut, um die Lagune vor den Launen des Meeres zu schützen?
Diese Vorhaben muten nach wie vor abstrakt an, auch wenn der Klimawandel & der Anstieg des Meeresspiegels momentan in aller Munde sind.
Venedig selbst ist so abstrakt, dass auch sein möglicher Untergang es bleibt. Abstrakt im Sinne von unfassbar: eine Stadt, die im Wasser steht? Das glaube ich erst, wenn ich es selbst gesehen habe ...
Für mich wird Venedig immer von einem Hauch des Unrealen umweht – der Standort & die Schönheit sind so außergewöhnlich, dass die Stadt mir vorkommt wie ein einziges Traumgebilde.
Das geht mir immer noch so, obwohl ich nun einige Tage dort verbracht habe. Aber Venedig unterscheidet sich so grundlegend von Hildesheim (und dem Rest von Deutschland, Europa & der Welt – trotz Hamburg, das ja noch mehr Brücken haben soll, Amsterdam, wo es auch viele Kanäle gibt, oder Venice in Los Angeles, das nur eine billige Kopie ist), dass ich, zurückgekehrt, fast nicht mehr glauben kann, dort gewesen zu sein.
Aber zurück zu den allgemeinen Venedig-Bildern: der Markusplatz gehört natürlich dazu, ob nun überflutet von Wasser, oder von Menschen & Tauben. Was gibt es in Venedig mehr, Tauben oder Touristen? & was ist die größere Plage? Tauben werden auch die Ratten der Lüfte genannt, doch auf dem Markusplatz sind sie längst etabliert, werden gefüttert & fotografiert, gehören fest zum Stadtbild. Ich empfinde eher die Touristen als Plage – obwohl ich selbst einer bin. Wahrscheinlich ärgert sich jeder Angereiste (& Anwohner) über das Gedränge in den engen Gassen, vor allem zur Hochsaison - aber jeder einzelne Tourist ist ein eingedrungenes Steinchen in diesem ewig wimmelnden Mosaik.
Aber ich war doch wenigstens als Quality-Tourist unterwegs ... ich habe in einer Wohnung gewohnt, habe alle Stadtteile Venedigs aufgesucht, nicht nur den Markusplatz, die Shopping-Gassen um ihn herum, den Canale Grande & die Rialto-Brücke ... ich bin mit dem Zug gekommen, nicht mit einem Billigflieger, oder einem Ozean-Kreuzer, der bis vor den Markusplatz fahren darf & die ganze Stadt zu überragen scheint ... ich war nicht nur 2 Tage dort, sondern 10, und konnte so einen Eindruck vom every-day-life der Einwohner gewinnen ... ich habe das Boot gesehen, das die Verstorbenen aus dem Hospitale zur Friedhofsinsel bringt, oder ein Motorboot, das den Hotels das Klopapier anliefert - nicht bloß die schwarz lackierten Gondeln, auf denen kleine Opern inszeniert werden ...
Trotzdem, ich weiß den Namen des Kanals nicht mehr, an dem wir neben überwiegend Einheimischen einen Kaffee getrunken haben ... auch nach 10 Tagen bleibt Venedig mir fremd ...
Aber meine Liebe zu dieser Stadt ist weiter gewachsen. Und so freue ich mich darauf, bald zurückzukehren, & das Geheimnis dieses merkwürdigen aber realen Traumgebildes weiter zu ergründen.
Gibt es ein reales oder imaginiertes Bild, das meine Vorstellungen von Venedig treffend wiedergibt?
Ein solches Bild fällt mir spontan nicht ein. Ein gemaltes schon gar nicht, da ich nicht viel Gemälde von Venedig kenne, & wenn, dann nur „alte Schinken“, mit denen ich mich in der Regel nicht identifizieren kann. Fotos hingegen habe ich unzählige gesehen, aber keines ist mir besonders in Erinnerung geblieben. Auf die Kitschigen habe ich nur einen kurzen Blick geworfen, weil sie nichts Neues zu bieten haben. Die Kunstvolleren sind interessanter, da sie neue Perspektiven zeigen, oder Details erfassen, die sonst untergehen. Aber da ich nun so viel von Venedig gesehen habe, reicht ein Detail mir nicht aus, um die Stadt in ihrer Vielschichtigkeit wieder zu geben. Und Allgemeingültigkeit ist in einem Detail nur schwer zu bündeln.
Natürlich habe ich auch selbst Fotos von Venedig gemacht. Oder besser gesagt: 'in' Venedig. Denn auch mir ist kein Bild gelungen, das mir alleine ausreichen würde.
Es gibt aber das ein und andere Lieblingsbild: zum Beispiel ein paar Häuser, die auf dem Kopf zu stehen scheinen – an einigen verwellten Linien erkennt man jedoch, dass es sich um Spiegelungen in einem Kanal handelt. Oder das Bild eines marmornen geflügelten Löwen, dem Wappentier der Stadt, der seinen schweren Kopf müde auf seine starken Pranken gelegt hat, & dessen Augen leidvoll zum Himmel schauen.
Ob er sich wünscht, dass seine Flügel seinen massigen Körper davon tragen mögen, damit er dem Ansturm der Touristen entkommen kann? Er bewacht in einer der unzähligen Kirchen Venedigs das Grab eines großen Malers – doch auch hier herrscht keine Ruhe. Auch hier drängen sich die Touristen & ihre Kameras blitzen grell ins Dunkel der Kirche. Die Namen von Kirche & Künstler sind mir wieder entfallen, aber den Namen der Stadt vergesse ich nie: Venedig - Venice - Venezia!




Sonntag, 11. Mai 2008

Stadtgerüst/ Marion Starke/ Straßen und Plätze

Straßen und Plätze

Neben unzähligen Gassen, Gässchen, Sackgassen, Durchgängen und Uferstreifen, die als calli, salizzade, rughe, liste, rami, sottoporteghi, rii terrà und fondamenta bezeichnet werden, sowie Plätzen (campi) und Plätzchen (campielli) gibt es in Venedig auch eine strada (Strada Nova) und drei vie (Via 25 aprile, Via Vittorio Emanuele und Via Garibaldi) in der Stadt. Nur der Markusplatz wird piazza (Platz) genannt, der Platz mit dem Busbahnhof heißt piazzale Roma. Viele dieser Verkehrswege haben als Namen die Bezeichnung der ehemaligen, dort ansässigen Gewerbe, bzw. Berufsvereinigungen.

CalleDie Straßen haben besondere Namen. Die Hauptstraßen „rughe“ (vom französischen „rue“) und die „salizade“ von „selciate“, d.h. die ersten mit richtigem Pflaster, sind in ihrer Anzahl begrenzt. „Cale“ oder „calle“ werden die engeren Straßen genannt, und „fundamenta“ heißen die Straßen längs der Kanäle, die auch als Fundament für die Bauten dienen. „Lista“ ist das Stück Weg in der Nähe der wichtigen Paläste und der Botschaften, die eine besondere Immunität genossen. Die „Mercerie“ sind die Straßen mit den Geschäften (merce = Ware), die „rive“ (Ufer) verlaufen längs der Seitenkanäle, sind oft auch nur Treppen, die zum Wasser hinunterführen. Die „rii tera“ sind die aufgeschütteten Kanäle, die „rami“ (Zweige) kurze Straßen, die von einer calle oder einem campiello ausgehen. Der „campo“ ist der Platz, an dem eine Kirche steht, ein größerer Freiraum, der früher Gemüsegarten oder Weideland für die Pferde war. „Campiello“ ist der von Häusern umgebene Platz, auf den die calli münden, „corti“ sind die Innenhöfe der Häuser. „Paludo“ erinnert daran, dass diese Gegend früher versumpft war, anstelle der „pissine“ befanden sich Teiche, wo man baden und fischen konnte. Das „sotoportego“ geht unter den Häusern durch und verbindet calli, campielli und corti.

http://www.agriturismiebedandbreakfast.com/italien/Venetien/Venedig.asp