Freitag, 16. Mai 2008

Bildbeschreibung/ Hanna Breinlinger/ Bildbeschreibung der "Pala di San Zaccaria“ von Giovanni Bellini

Hanna Breinlinger (Mai 08)


Bildbeschreibung der „Pala di San Zaccaria“ von Giovanni Bellini


Das Bild zeigt eine Menschengruppe in einem offenen Raum. Der Raum ist nach beiden Seiten, nach oben und nach vorne geöffnet, nur nach hinten ist er geschlossen. Von den Seiten fällt Sonnenlicht ein, die angedeutete Vegetation sieht gesund aus & nach den kleinen weißen Wolken am Himmel zu urteilen, weht vielleicht sogar ein frisches Lüftchen. Trotz dieser sommerlichen Außenstimmung wirken die Personen im Bild ernst und schwer. Manche Gesichter sind besonders versunken & in Schatten getaucht. Auf die Frau in der Mitte fällt das meiste Licht. Sie trägt einen weißen Schleier, ein rotes Kleid und hat einen blauen Umhang auf ihren Knien liegen. Vielleicht hat sie sich doch ein bischen erwärmen lassen & ihn ausgezogen? Auf diesem Umhang & ihren Knien, gehalten von ihren Händen, steht ein kleiner nackter Junge. Seine bleiche Haut reflektiert das Sonnenlicht, das hier, im Bildmittelpunkt, am hellsten strahlt, besonders stark. Rechts und links der Madonna & ihrem Kind stehen in perfekter Symmetrie jeweils ein Mann und eine Frau. Die Männer sind die Bild-Ältesten und stehen ganz vorne am Rand des Bildes. Der Rechte trägt einen roten Mantel samt Kapuze & ist in die Lektüre eines dicken Buches versunken. Der Mann links hat die Lektüre bereits beendet, er hält sein Buch unter dem linken Arm, den Kopf geneigt, den Blick gesenkt. Einerseits wirkt er wie versteinert, andererseits meint man, er sei gerade im Begriff, das Bild zu verlassen, seine rechte Hand und das linke Knie deuten eine Gehbewegung an. Hinter ihm steht eine braunhaarige Frau. Aufgrund der Haarfarbe, der dunkelgrünen & auberginefarbenen Kleidung & weil sie in der Schattenseite der kleinen Kapelle steht, ist das Bild hier am dunkelsten. Ihr gegenüber, denn die beiden Frauen sind der Madonna und einander zugewandt, steht die andere Frau. Sie trägt ein hellviolettes, reich besticktes Gewand & ihre blonden Haare offen. In der einen Hand hält sie ein Glas mit einer grünliches Flüssigkeit, in der anderen eine lange weiße Feder oder eine Art Schilfblatt. Auch die brünette Frau hält ein solches Ding, legt es sich über die Schulter. Lässig, könnte man sagen, wäre da nicht dieser ernste Gesichtsausdruck, der bei ihr am ausgeprägtesten wirkt.
In der Bildmitte, unterhalb der Maria sitzt die einzige Person, deren Blick nicht gen Boden, sondern leicht am Betrachter vorbei geht, ein kleines Mädchen, das Geige spielt.
Über der Madonna erscheint ein weiteres Gesicht, das eines bärtigen Mannes mit Krone. Es ist aus Stein gehauen und schmückt den Thron der Madonna. Über dem Thron erstreckt sich eine prächtige Mosaikkuppel, in ihrem Grundton bräunlich-golden & ausgreifend verziert mit floralen Ornamenten. Der Raum ist weniger eine Kapelle als eine Art Open-Air-Bühne, in deren Halbrund der Madonnenthron steht. Eine weiterführende Decke ist architektonisch angedeutet, jedoch in dem gleichen Himmelblau bemalt wie die seitlichen Außenflächen. Direkt aus dem Himmel hängt nun eine Kette, an der ein großes Ei hängt, Zeichen der unbefleckten Empfängnis Mariens, und weiter unten, aber immer noch hoch über dem Kopf Marias, eine Öllampe. Deren Licht wird jedoch nicht benötigt, da genügend Tageslicht von rechts und links einfällt.
Diese Außenbühne, auf der die Madonna & ihre versteinert wirkende Gesellschaft sich präsentieren ist nun aber keine tatsächliche Bühne, sondern eine gemalte, ebenso wie alles andere Beschriebene gemalt ist. Es handelt sich um das Altarbild in der Venedig-Kirche San Zaccaria, das im Stile einer sacra conversazione die Architektur des tatsächlichen Kirchenbaus weiterführt und gleichzeitig einen neuen Raum aufmacht. Trotzdem bleibt dieser Raum ein zweidimensionales Gemälde auf einer Leinwand, die in den Rundbogen über dem Altar des linken Seitenschiffes eingelassen ist. Das Bild wurde 1505 von Giovanni Bellini ursprünglich auf eine Holzplatte gemalt, im 18. Jhd. jedoch von Napoleons Truppen nach Paris entführt & dort auf eine Leinwand übertragen. Im Laufe der Jahrhunderte und mehrerer Restaurierungen wurde das eigentliche Raumkonzept des Bildes mehrfach geändert. Nun wird die Architektur im Bild oben und unten durch plump wirkende Steinbalken ausgebremst, die die typisch venezianische Bildharmonie stören & eine fließende Anpassung in die tatsächliche Kirchenarchitektur behindern. Auch der rot-weiß-gekachelte Fußboden, auf dem die Figuren stehen, wurde vorne beschnitten & wirkt nun recht knapp bemessen, so dass die Heiligen von ihrer Bühne zu fallen drohen.
Konzentriert man sich jedoch vom Gesamteindruck auf die Personengruppe in der Bildmitte, findet man in diesem Meisterwerk des damals 70-jährigen Bellinis nach wie vor die Harmonie der venezianischen Malerei im 14. und 15. Jahrhundert.
Bei den Personen handelt es sich um den heiligen Hyronimus, dem dieser Altar gewidmet ist, den heiligen Petrus, Katharina von Alexandrien und Lucia. Das musizierende Mädchen zu den Füßen Marias ist ein Engel, wenn auch ohne Flügel.
Die Versunkenheit der Figuren – jede steht und gedenkt für sich, doch in ihrer Andacht sind sie vereint – ist das große inhaltliche Merkmal der sacra conversazione, die über die Darstellung von in Andacht versunkenen Heiligen auch die Gläubigen vor dem Bild zur innerlichen Unterhaltung mit dem Göttlichen anregen möchte.



Keine Kommentare: