Dienstag, 17. Juni 2008

Verkündigung von Sina Bengsch

Maria und Erzengel Gabriel
Ein Vergleich zwischen den unterschiedlichen Darstellungen der Verkündigungsszene

Die Verkündigungsszene war in der Renaissance ein beliebtes Bildmotiv. Meistens waren Maria und Erzengel Gabriel gemeinsam zu sehen.
Ich werde im Folgenden drei Kunstwerke die die Verkündigungsszene aufzeigen auf ihre Gemeinsamkeiten und Unterschiede hin untersuchen. Die drei Künstler der Gemälde sind Tizian, Jacopo Tintoretto und Paolo Veronese, diese Reihenfolge der Werke werde ich bei meinem Vergleich weitestgehend beibehalten.

Zuerst konzentriere ich mich auf die drei verschiedenen Darstellungsvarianten der Maria. Tizian kleidet seine Maria in leuchtenden Farben, rotes Kleid und blauer Mantel, der Stoff ist sehr glänzend und wirkt fein. Ihre rechten Zehen ragen unter dem Gewand hervor, der Fuß ist nur in einer Sandale gekleidet. Tintoretto stellt seine Maria in schlichteren Kleidern dar, der Stoff wirkt grob und schwer und die Farben sind matt. Sie trägt ebenfalls das für die Madonna typische rote Kleid, zu dem trägt sie einen grünen Unterrock (oder ähnliches) und über ihrem Schoß liegt eine orange farbige Decke, der blaue Mantel/Übergewand fehlt gänzlich. Auch bei dieser Maria ragen die Füße unter ihrem Gewand hervor, diese sind im Gegensatz zu Tizians Maria allerdings in geschlossenen, schlichten Schuhen dargestellt. Veroneses Maria trägt pompöse Kleider, der Stoff liegt stark in Falten und glänzt. Die rote Farbe des Kleides ändert sich bei dieser Ausführung und tendiert stark zu einem Rosa-Farbton. Der blaue Mantel wirkt sehr sperrig (massig) und ist auf der Innenseite mit grünem Stoff ausgekleidet.
Auf das weiße Kopftuch wird bei keiner der Mariendarstellung verzichtet, allerdings sind sie, zu der restlichen Kleidung passend, verschieden ausgeführt wurden. Ebenfalls fehlt bei keinem Gemälde das Buch, das mal auf ihrem Schoss, mal neben ihr aufgeschlagen liegt und zeigen soll, dass die Verkündigung des Erzengels Gabriel sie beim Lesen unterbrochen hat. Die unterschiedliche Darstellung der Hände in den drei Bildern ist besonders auffällig. Tizians Maria hält mit ihrer rechten Hand fast spielerisch das eine Ende des Kopftuches hoch, während die linke Hand das Buch umschließt und mit ihrem Zeigefinger zwischen den Buchseiten, die gerade gelesene Seite, offen hält. Tintoretto lässt die geöffneten Hände seiner Maria ausgestreckt zum rechten Bildrand zeigen, die so die Gegenbewegung zur Handbewegung des Erzengel Gabriels bilden. Nur die Maria von Veronese hält ihre Hände schützend vor ihren Körper, die rechte Hand ruht auf ihrer Brust und die linke verharrt auf Bauchhöhe, während sie den Mantel hält.
Ihr Gesichtsausdruck ist unterschiedlich in den Kunstwerken ausgeführt. Während der Betrachter Tizians Maria ernst, aber gefasst wahrnimmt, wirkt Tintorettos Maria sehr erschrocken und Veroneses Maria fast schon ängstlich.
Der Heiligenschein taucht in Tintorettos und Veroneses Gemälden auf, beide sind kreisförmig um den Kopf der Maria angeordnet, fallen im jeweiligen Vergleich des Scheins der sich um den heiligen Geist befindet eher dezent aus.

Komme ich nun zu der Darstellung des Erzengel Gabriels, er ist der Engel der Verkündigung und teilt Maria mit das sie den Sohn Gottes gebären wird.
Tizians Engel Gabriel ist in einem rosa farbigen Gewand gekleidet, an den Schultern ragen weiße Ärmel darunter hervor. Tintorettos Erzengel Gabriel trägt ein weißes, sehr feines Gewand, das sich sehr stark in Bewegung befindet. Der Erzengel Gabriel gemalt von Veronese ist die farbenfrohste Darstellung, er trägt ebenfalls wie Tizians Erzengel ein weißes Unterkleid, darüber befindet sich ein rosa/rotes Gewand und als Highlight, ist ihm noch eine grüne Schärpe um den Brustkorb gebunden. Der Erzengel Gabriel hat in allen drei Darstellungen blonde Locken und leicht gerötete Wangen.
In Tizians Kunstwerk betritt der Engel Gabriel von links das Bildgeschehen. Er hält seine Hände schützend vor seiner Brust gekreuzt. Sein Blick ist auf Maria gerichtet. Der Erzengel Gabriel gemalt von Tintoretto kommt durch die Tür geflogen und nimmt im Gegensatz zu den anderen beiden Darstellungen eine waagerechte Haltung ein, er befindet sich in einer Art Drehbewegung, so das dem Betrachter hauptsächlich sein Rücken zu gewand ist. Seine Hände sind ähnlich einer Tanzhaltung (-position) ausgestreckt. In der linken Hand hält er eine Lilie, die ein Symbol für Reinheit und Schönheit ist. Zwischen Maria und ihm gibt es direkten Blickkontakt. Bei Veronese scheint der Erzengel Gabriel im Raum zu schweben. Seine linke Hand hält, wie bei Tintoretto, eine Lilie, während die rechte nach oben ausgestreckt ist und der Zeigefinger zum Himmel deutet.
Die Flügel sind weitestgehend in allen drei Versionen gleich. Es tauchen die Farben rot, weiß und schwarz, allerdings in unterschiedlichen Anordnungen, in den Flügelflächen auf. Bei Tizians Erzengel Gabriel ist die Flügelspannweite am größten, es handelt sich ausgerechnet um die stehende Version des Erzengels, beim schwebenden und fliegenden Engel liegen die Flügel deutlich näher beieinander.
Der Mund, der bei den Verkündigungsszenen eine wichtige Rolle spielt, ist bei Tizians Ausführung des Erzengel Gabriels geschlossen, bei Tintoretto ist der Mund leicht geöffnet und bei Veronese ganz geöffnet.
Zum Schluss gehe ich auf die Darstellung des heiligen Geistes, den Raum und Anordnung der Personen ein.
Der heilige Geist nimmt in allen drei Gemälden die Gestalt einer Taube an, die nur ein Symbol des heiligen Geistes im Christentum ist. Die Taube scheint sich bei allen drei Ausführungen in einer Form des Sturzflugs zu befinden. Tizian und Veronese stellen den heiligen Geist als weiße Taube dar, die umgeben von Licht (Schein) ist. Bei Tintoretto geht der heiligen Schein direkt von der Taube (heilige Geist) aus und weist eine Kreisform auf.
Während Tizian und Veronese ihre Szenen eindeutig in einer Palastumgebung ansiedeln, was deutlich wird durch die hohen Säulen und die ausstaffierten Räume, gestaltet Tintoretto seine Räumlichkeiten ärmlich und demoliert, allerdings taucht bei diesem Kunstwerk die für Venedig typische Kassettendecke auf.

Eine Engelsschar taucht sowohl bei Tizian, als auch bei Tintoretto auf und sind in der oberen Bildhälfte angesiedelt. In Tintorettos Gemälde folgen die Engel stromartig dem heiligen Geist von der linken Seite ins Bildgeschehen, direkt auf die Maria zu. Von den Engeln sind hauptsächlich die Rücken mit ihren dunklen Flügeln und hellen Haarschopfe zu bewundern.
Tizian stellt seine Engel dem heiligen Geist rechts und links zur Seite. Der Betrachter kann deutlich die unterschiedlichen Gemütszustände der Engel in Bezug auf die Verkündigung des Erzengel Gabriels wahrnehmen, sie reichen von erstaunt, erschrocken bis zu wütend, interessiert. Ein Engel reckt seine Hände betend zum Himmel empor.

Tintoretto ist der einzige der drei Künstler, der auch Josef in sein Gemälde mit aufnimmt. Er siedelt ihn in der linken Bildhälfte, in seiner Werkstatt an, und zeigt ihn etwas versteckt von seinem Werkzeug bei seiner Arbeit, dem Tischlern.

2 Kommentare:

venedig hat gesagt…
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
venedig hat gesagt…

Das war meine erste version, schreibe allerdings schon an der zweiten Version.
Sina