Samstag, 14. Juni 2008

Venedig/Textentwurf/Henrike Terheyden/ Brief

Dies ist eine zweite Version des endgültigen Textes, die Briefform funktioniert nicht. Der Text wird so leicht performativ (die fetten Zeilen sollen von einer CD gesprochen werden, die ich noch aufnehmen müsste, oder von einer Stimme aus dem Off), und ist auch etwas bearbeitet. Den Brief habe ich zum Vergleich nochmal drangehängt. Ich freue mich über Meinungen!

Status quo, Beobachtungen eines Zustands
Empfindlichkeit und Empfänglichkeit in mir. Es wächst und gebiert eine kitschige Pflanze sich nach allem, was auch nur einen Hauch von Zauber trägt, reckend und es in Liebe verwandelnd! Ich liebe hier alles, bin seltsam tief berührt, von scheinbar nichts konkretem. Es geht so weit: will Kinder machen! Ich will sie in meinen Armen wiegen und ihnen mein Hirn vermachen. Ich will hinein in einen Hortus Conclusus, meinen ganz persönlichen, ich will dort hocken und vielleicht mit spitzen Fingern eine Blume pflücken. Legt mich ein in kostbare Stoffe! Diesem Gedanken trage ich mein Herz nach. Meine Schritte wiegen Mütterlichkeit, Weiblichkeit, Rundes, Warmes, Sorgendes.

Bewertung des Beschriebenen Zustands und Einbettung in die Persönlichkeitsstruktur
Oh ja, widerlich!
Eva Hermann wäre stolz auf mich. Du weißt, das bringt mich um. Ich bin ja sonst auch nicht eben gerade Boxerin und sonst auch eher weich als krass, aber so schlimm wie hier war ich noch nie.

Begründung des Zustandes und Suche nach dem Sündenbock
Aber ich denke, es gibt Trost, denn meine Gedanken funktionieren noch so weit, als dass ich versuchen kann zu eruieren: Wo kommt das her, dieser Anfall von überbordender Fraulichkeit und Zeugungswillen? Giovanni Bellini und Fabrizio Plessi. Bellini aus dem fünfzehnten Jahrhundert. Er malte. Schuf lebensgroße Madonnen und leidende Söhne Gottes mit Öl auf Leinwand. Plessi lebt und baut Skulpturen aus Monitoren in Metall, Holz oder Stein. Diese lässt er um die Welt schiffen, um sie und sich sehen zu lassen. Er unterhält, wie Bellini es auch getan hat, (als die Kunst noch Handwerk war), eine eigene Werkstatt mit Arbeitern für seine Ideen. Beide diese Männer haben den Reichtum Venedigs mit den routinierten Blicken von Einwohnern kennen gelernt. Zwar in völlig verschiedenen Jahrhunderten, aber doch mit all den Konsequenzen. Sie sehen, sie schlucken, sie nehmen auf und haben Venedig im Blut. Das, was mich so staunend macht, muss ihnen schon ewig durch die Adern geflossen sein. Und beide ergehen sich so sehr in all dem seelenvollen Schwanken der Kanäle, Plessi in dezidiertem Bezug und Bellini so nebenbei in den Blicken seiner Figuren, in der Art und Weise, wie sie sich an Händen halten und wie sie Bezug aufeinander nehmen.

Deskription Sündenbock I:
Und Plessi, mit der Romantik eines Caspar David Friedrichs im Herzen verstanden, kann, so sagt er, sich emanzipieren von der Form, die diese Romantiker und Renaissancler wählten. Und Plessi zeichnet. Durchaus mit sicherem Strich, wirklich mit selbstbewusstem Farbauftrag, richtig mit gut durchdachter Komposition und einem durchschreitenden Gefühl für den Raum, macht er diese Zeichnungen, nach denen seine Gehilfen beginnen zu recherchieren und dann zu bauen. Es bleibt die Frage nach dem Original? Es bleibt die Frage nach dem Original. Plessi zeichnet das Original. Nein er zeichnet die Bilder vom Original. Die wirklichen Originale, das sind immer noch die Ideen, die Plessi hinter den Zeichnungen geborgen hat. Und genau da schlummert auch dieser mein heiliger Rausch von Weiblichkeit. Genau da liegt dieses alles betörende Ur- Raunen, das Plessi verströmt. Er raunt von den Elementen, die all seinen Arbeiten zu Grunde liegen, und die aus der Welt selbst kommen. Die da sind, weil sie sind, sie „welten“ vielleicht mit Heidegger. Und diesen Elementen der Welt verschafft Plessi Monitore. Denn die Elektronik in den Medien, mit denen er arbeitet, ist für ihn die Hitze des Feuers, man kann sie mit den Händen fühlen. Die Informationen, die durch sie hindurch fließen, sind das Wasser, das er natürlich als Transportmittel und auch Transportsubjekt gleichzeitig begreift (nicht umsonst ist er Venezianer). Über den Bildschirm werden diese Inhalte in die Welt transportiert und für die Zuschauer sichtbar gemacht, und flirrt die Luft. Die Erde liegt meistens im Werk selbst, die Monitore sind von Stein umgeben, oder von Holz oder von Metall. Die Medien sollen gelebt werden und belebt und beseelt. Seele. Großes Wort für Plessi. Plessi schafft über eine traumvolle aber weltbezogene Innerlichkeit ein Raum des Dazwischen, der schimmert und glitzert und voll von Rilkischer Romantik ist. Dieses Dazwischen, das entsteht durch die Gleichzeitigkeiten im Bild. Das Bild, das Plessi schafft, steht für sich und hat diese „weltenden“ Bezüge und zwar gleichzeitig: Erstens zu unserem Mensch-sein, (einem quasi Urseelenzustand) und zweitens zu unseren digitalen, medialen und entpersonalisierten Realitäten.


Beleg des Zustands durch nicht wissenschaftliche Empirie:
Und das macht an! Ja! Und während ich auf der Suche bin nach einer kleinen Bar für einen kleinen Kaffee, da sehe ich plötzlich den Himmel aus rosa orange, blau und lila in einem kleinen Streifen über den Dächern und auf den Häuserfassaden schiebt sich ein so sanftes Licht entlang. Und ich bin ganz verzückt und möchte vielleicht eine kleine Religion gründen, und dann schunkelt auch wirklich noch eine winzige weiße Feder von oben herab!

Empfundene Gemütsregung:
Scheiße!


Schlussfolgerung aus Gefühl von Machtlosigkeit, der Kraft des Zustands gegenüber, und Idee:

Und ich denke: Das einzige, was wirklich Sinn macht in Venedig ist schwanger zu sein und seine eigene intrinsische Zwischenmenschlichkeit zu haben, sonst hält man es nicht aus, sonst wird man depressiv, sonst geht das hier nicht. Und dann ist es mir klar geworden:

Ansichten eines dialektischen Hirns:
Plessi leidet unter Uterusneid. Der Mann! Die Seele, die Welt, die Elemente, dieses Sehnen nach einer fließenden Teilhabe am Werden! Das Sträuben gegen das Medium ist die Message, ganz klar, er kann ja nie selbst Medium für die Message sein! Unmengen von Zeichnungen, wenigstens Ausgeburten seines Hirns, die sich manifestieren, ach Plessi, ach Plessi. Ich meine das nicht ironisch! Ich psychologisiere hier vor mich hin und dann wird mir natürlich auch klar, wieso mich das so aggressiv macht, denn es gilt meinen fraulichen Vorzug zu bewahren! Jawohl! Das was im 19. Jahrhundert Freuds wohl gefeierter Penisneid war, das hat sich verkehrt. Im 21. Jahrhundert leiden die Männer unter Uterusneid. Oder lieber Placenta-Neid? Auch schön wäre Ovulationsneid, oder etwas wissenschaftlicher: Envirismus hysteriae. Wunderschön! Ist das der „Verdienst“ der Emanzipation? Wäre das schlimm? (Klar!) Ist das erforscht? Was bedeutet das für die Kunst? Man darf die Kunst nicht psychologisieren. Dann ist sie nicht mehr frei. Wer hätte nicht gerne ein gebärfreudiges Becken?

Fehlplatzierte, doch sachlich richtige Selbstanalyse:
Ich glaube ich werde hysterisch und muss aufpassen


Bipolare Darlegungsstrategie und Deskription Sündenbock II:
Außerdem klopft Bellini leise an. Bellini ist ja eigentlich auch nicht besser und erwischt mich auf genau dieser Schiene, wie Plessi es tut. Bei meinen ersten Vergleichen ging es mir um die Innerlichkeit der Arbeiten. Aber mir war nicht klar, dass es um solch konkrete Innerlichkeiten gehen könnte. Ich wollte doch auf das bildinnere Dazwischen rekurrieren, auf den Goldgrund, der die Beziehungen zwischen den Menschen schon in ein unstoffliches, aber doch verbindendes Element taucht. Das ist das, was mein Hirn begeistert, dass Bellini es schafft, eine solche Heiligkeit darzustellen, dass wir so eintauchen können, in die menschliche Tatsächlichkeit von gelebter Religion. Hier geht es nicht um caritative Zwecke und es geht nicht um fromme Betschulen, sondern es geht um das, was zwischen den Menschen wirklich passiert. Bellini wählt häufig das Bild der Maria mit ihrem Sohn. Und in ihren Blicken geht es immer um das Leben und das Sterben. Maria weiß in den Bildern mit dem Christuskind um den zu frühen Tod ihres Sohnes. Und als Pietá weiß sie dennoch um das „Weiter!“ in all der Trauer, deshalb kann sie ihn noch halten. Und das ist genau das, was Plessi mit seinen Elementen tut. Beide Künstler packen mich bei den Urelementen und -trieben ich finde das unverschämt und indiskret, obwohl ich dieses Gefühl süß genieße und darin schwelgend durch Venedigs Gassen gehe.

Pathologischer Zustand:
Die sich träge in mir räkelnde und ausdehnende Pflanze von kitschiger Heiligkeit wird langsam aggressiv. Ich muss hier weg! Wieso ist denn das alles so schön hier? Wo soll ich nur hin damit? Bitteschön? Plessi sprach von Venedig als einem Käfig. Recht hat er, aber abends bin ich müde.









Ich finde meinen Text noch sehr unzusammenhängend und zu lang und nicht deutlich genug. Aber es ist die erste stehende Fassung, vielleicht kann man aus ihr entnehmen, wie ich die Form wählen wollte. Aber ich komme in sie irgendwie nicht rein.
Der Film ist glaube ich zu groß, ich krieg ihn jedenfalls nicht hochgeladen. Weiß jemand, wie man sowas komprimiert? Geht das für den Blog?


Ich muss Dir schnell zurück schreiben, habe noch nicht einmal die Zeilen frei, Dir für Deinen langen Brief zu danken, denn es muss irgendwo hin heraus, weg aus all der Empfindlichkeit und Empfänglichkeit in mir. Dort wächst es und gebiert eine kitschige Pflanze sich nach allem, was auch nur einen Hauch von Zauber trägt, reckend und es in Liebe verwandelnd! Ich liebe hier alles, will Kinder machen und sie groß ziehen! Jawohl! Ich will sie in meinen Armen wiegen und ihnen mein Hirn vermachen. Ich will hinein in einen hortus conclusus, meinen eigenen ganz persönlichen, ich will dort hocken und vielleicht eine Blume pflücken mit sehr spitzen Fingern, und will eingelegt sein in weiche, zarte Stoffe! Und ich will lieben! Lasst mich lieben! Ich will die ganze Welt bemuttern! Lass mich einen Schleier tragen, wegen all meiner Unschuld und lass mich lieblich drein schauen und lass mich gut geerdete Mütterlichkeit sein, Weiblichkeit sein, die alles weiß und alles kann, aber nicht braucht, weil sie ist ja schon so sanft und sie ist ja schon so zart! Oh ja, widerlich!
Eva Hermann wäre stolz auf mich. Du weißt, das bringt mich um. Ich bin ja sonst auch nicht eben gerade ein Fight-Club- Rowdy und sonst auch eher weich als krass, aber so schlimm wie hier war ich noch nie.

Aber ich denke, es gibt Trost, zum Glück. Schuld nämlich an diesem peinlichen Zustand sind: Giovanni Bellini und Fabrizio Plessi. Beides Menschen aus ganz verschiedenen Ecken der Geschichte, Bellini aus dem fünfzehnten Jahrhundert. Er malte. Schuf lebensgroße Madonnen und leidende Söhne Gottes mit Öl auf Leinwand. Plessi lebt noch heute und baut Skulpturen aus Monitoren in Metall, Holz oder Stein. Diese lässt er um die Welt schiffen und stellt sie aus in Bangkok, Paris, New York, Berlin, Rom und in tausend anderen Städten. Er unterhält, wie die alten Meister, eine eigene Werkstatt, in der eine ganze Riege von Menschen an der Umsetzung seiner Ideen arbeiten. Beide diese Männer haben den Reichtum Venedigs mit den routinierten Blicken von Einwohnern kennen gelernt. Zwar in völlig verschiedenen Jahrhunderten, aber doch mit all den Konsequenzen. Und beide ergehen sich so sehr in all dem seelenvollen Schwanken der Kanäle, Plessi in dezidiertem Bezug und Bellini so nebenbei in den Blicken seiner Figuren, in der Art und Weise, wie sie sich an Händen halten und wie sie Bezug aufeinander nehmen.


Und Plessi, den wir trafen, und der fernab von Öl und Leinwand arbeitet, behauptet, das tue er nur nicht, weil er es sowieso könne. Besser als Tizian und besser als Bellini. Und weil er sie alle in ihrer Form sowieso in die Tasche stecken könne, die Romantik eines Caspar David Friedrichs aber in seinem Herzen verstanden habe, könne er sich emanzipieren von der Form, die diese wählten. Und Plessi zeichnet. Wirklich mit sicherem Strich, wirklich mit selbstbewusstem Farbauftrag, wirklich mit gut durchdachter Komposition und einem durchschreitenden Gefühl für den Raum, macht er diese Zeichnungen, nach denen seine Gehilfen beginnen zu recherchieren und dann zu bauen. Das Original, weißt Du noch, als wir in der Bar saßen und ich viel rauchte und zwar Deine Zigaretten, da sprachen wir darüber? Über die Frage nach dem Original? Da hast Du gesagt, ein Original, das müsse es geben, sonst sei es keine Kunst, sondern nur Kopie und das sei Dein Problem mit der modernen Kunst? Plessi zeichnet die Originale, wenn Du so willst. Aber eigentlich stimmt das noch nicht. Die wirklichen Originale, das sind immer noch die Ideen, die Plessi hinter den Zeichnungen geborgen hat. Und genau da schlummert auch dieser mein heiliger Rausch von Weiblichkeit. Genau da liegt dieses alles betörende Ur- Raunen, das Plessi verströmt. Er raunt von den Elementen, die all seinen Arbeiten zu Grunde liegen, und die aus der Welt selbst kommen. Die da sind, weil sie sind, sie „welten“ vielleicht mit Heidegger. Und diesen Elementen der Welt verschafft Plessi Monitore. Denn die Elektronik in den Medien, mit denen er arbeitet, ist für ihn die Hitze des Feuers, man kann sie mit den Händen fühlen. Die Informationen, die durch sie hindurch fließen, sind das Wasser, das er natürlich als Transportmittel und auch Transportsubjekt gleichzeitig begreift (nicht umsonst ist er Venezianer). Über den Bildschirm werden diese Inhalte in die Welt transportiert und für die Zuschauer sichtbar gemacht, und da hast Du die Luft. Die Erde liegt meistens im Werk selbst, die Monitore sind von Stein umgeben, oder von Holz oder von Metall. Und kulturvoll möge man mit den neuen Medien umgehen, man darf sie nicht verbrauchen, nicht sinnlos. Sie sollen gelebt werden und belebt und beseelt. Seele. Großes Wort für Plessi. Plessi schafft über eine traumvolle aber weltbezogene Innerlichkeit ein Raum des Dazwischen, der schimmert und glitzert und voll von Rilkischer Romantik ist. Dieses Dazwischen, das entsteht durch die Gleichzeitigkeiten im Bild. Das Bild, das Plessi schafft, steht für sich und hat diese „weltenden“ Bezüge und zwar gleichzeitig: Erstens zu unserem Mensch-sein, (einem quasi Urseelenzustand) und zweitens zu unseren digitalen, medialen und entpersonalisierten Realitäten.

Und das macht an! Ja! Und während ich auf der Suche bin nach einer kleinen Bar für einen kleinen Kaffee, da sehe ich plötzlich den Himmel aus rosa orange, blau und lila in einem kleinen Streifen über den Dächern und auf den Häuserfassaden schiebt sich ein so sanftes Licht entlang. Und ich bin ganz verzückt und möchte vielleicht eine kleine Religion gründen, und dann schunkelt auch noch eine kleine weiße flauschige Feder von oben herab! Scheiße! Und ich denke: Das einzige, was wirklich Sinn macht in Venedig ist schwanger zu sein und seine eigene intrinsische Zwischenmenschlichkeit zu haben, sonst hält man es nicht aus, sonst wird man depressiv, sonst geht das hier nicht. Und dann ist es mir klar geworden: Plessi leidet unter Uterusneid! Der arme Mann! Die Seele, die Welt, die Elemente, dieses Sehnen nach einer fließenden Teilhabe am Werden! Das Sträuben gegen das Medium ist die Message, ganz klar, er kann ja nie selbst Medium für die Message sein! Unmengen von Zeichnungen, wenigstens Ausgeburten seines Hirns, die sich manifestieren, ach Plessi, ach Plessi. Ich meine das nicht ironisch! Ich psychologisiere hier vor mich hin und dann wird mir natürlich auch klar, wieso mich das so aggressiv macht, denn es gilt meinen fraulichen Vorzug zu bewahren! Jawohl! Das was im 19. Jahrhundert Freuds wohl gefeierter Penisneid war, das hat sich verkehrt. Im 21. Jahrhundert leiden die Männer unter Uterusneid. Oder lieber Placenta-Neid? Auch schön wäre Ovulationsneid, oder etwas wissenschaftlicher: Envirismus hysteriae. Wunderschön! Ist das der „Verdienst“ der Emanzipation? Wäre das schlimm? (Klar!) Ist das erforscht? Was bedeutet das für die Kunst? Man darf die Kunst nicht psychologisieren. Dann ist sie nicht mehr frei. Hättest Du auch gerne ein gebärfreudiges Becken? Ich glaube ich werde hysterisch und muss aufpassen, außerdem klopft Bellini leise an.

Bellini ist ja eigentlich auch nicht besser und erwischt mich auf genau dieser Schiene, wie Plessi es tut. Bei meinen ersten Vergleichen ging es mir um die Innerlichkeit der Arbeiten. Aber mir war nicht klar, dass es um solch konkrete Innerlichkeiten gehen könnte. Ich wollte doch auf das bildinnere Dazwischen rekurrieren, auf den Goldgrund, der die Beziehungen zwischen den Menschen schon in ein unstoffliches, aber doch verbindendes Element taucht. Das ist das, was mein Hirn begeistert, dass Bellini es schafft eine solche Heiligkeit darzustellen, dass wir so eintauchen können, in die menschliche Tatsächlichkeit von gelebter Religion. Sehr fern das Ganze. Hier geht es nicht um caritative Zwecke und es geht nicht um fromme Betschulen, sondern es geht um das was zwischen den Menschen wirklich passiert. Bellini wählt häufig das Bild der Maria mit ihrem Sohn. Und in ihren Blicken geht es immer um das Leben und das Sterben. Maria weiß in den Bildern mit dem Christuskind um den zu frühen Tod ihres Sohnes. Und als Pietá weiß sie dennoch um das „Weiter!“ in all der Trauer, deshalb kann sie ihn noch halten. Und das ist genau das, was Plessi mit seinen Elementen tut. Beide Künstler packen mich bei den Urelementen und -trieben ich finde das unverschämt und indiskret, obwohl ich dieses Gefühl süß genieße und darin schwelgend durch Venedigs Gassen gehe.


Die sich träge in mir räkelnde und ausdehnende Pflanze von kitschiger Heiligkeit wird langsam aggressiv. Ich muss hier weg! Wieso ist denn das alles so schön hier? Wo soll ich denn hin damit? Bitteschön? Plessi sprach von Venedig als einem Käfig. Recht hat er, aber abends bin ich müde.

Ich freue mich auf den Flieger zurück zu Dir. Ich bringe Dir Bilder mit und Stoffe. Und vielleicht ein bisschen Goldstaub aus dem Schmelztiegel meines Kitsches. Holst Du mich ab, wenn ich komme?

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