Donnerstag, 8. Mai 2008

Stadtgeüst/ Katharina Stockmann/ Anlage und Struktur der Stadt Venedig

Venedig liegt in einer Lagune im Nordosten Italiens. Mehrere längliche Inseln trennen an dieser Stelle eine flache Bucht vom offenen Meer ab. Venedig wurde in der Nähe einer solchen Sandablagerung, dem Lido, auf mehr als hundert kleinen Inseln angelegt. Sieht man sich den Grundriss der Stadt auf einer Karte an, wirkt ihre Form jedoch keinesfalls kleinteilig und verstreut sondern im Gegenteil sehr geschlossen.
Der Buchautor Tiziano Scarpa vergleicht den Umriss Venedigs mit einem Fisch. Auch die Erinnerung an einen auf der Seite liegenden Schinken liegt nahe, wäre aber aufgrund des fehlenden Bezugs zum Wasser weniger passend.
Im Westen wölbt sich die Stadt in alle Richtungen kreisförmig aus, in Richtung Osten verengt sich diese Form um sich ganz am Ende noch einmal fächerartig zu verbreitern. Im Nordosten liegt die Friedhofsinsel San Michele in Isola wie ein frei schwebendes Rechteck im Meer. Ebenfalls etwas entfernt erstreckt sich im Süden des Stadtkörpers die lange geschwungene Form der Insel Giudecca an deren östliches Ende San Giorgio Maggiore anschließt.
Seit 1933 ist Venedig über den Ponte della Libertá mit dem Festland verbunden, der die Stadt auf Landkarten wie eine Kirsche am Stiel aussehen lässt.
Nahe der Zufahrt zum Ponte beginnt der breite Canal Grande. Er teilt Venedig vom Nordwesten bis in den Süden in Form eines großen umgekehrten S.
Viele kleinere Kanäle durchziehen alle Teile der Stadt. Teils sind sie rechtwinklig oder parallel angelegt, wie Strassen, teils kann man vielleicht noch die früheren Inselformen in ihnen erkennen. Über das Gitter der Kanäle legt sich das der Straßen, die dem Wasser entweder folgen oder es überschneiden. Durch die Verschränkung dieser beiden Strukturen entsteht ein unregelmäßiges und kleinteiliges Muster. Auf diese Weise macht die Stadt einen labyrinthischen Eindruck.
Das historische Zentrum von Venedig, um dass es in diesem Text geht, ist in Sestieri also Sechstel gegliedert. Im Westen der Stadt befinden sich Canareggio, San Croce, San Polo und Dorsoduro, das die Inseln Giudecca und San Giorgio Maggiore einschließt. San Marco erstreckt sich im Zentrum, östlich des Canal Grande. Weiter im Osten, wo sich der Umriss der Stadt wieder verengt liegt Castello.
Venedig hat mehrere Zentren, die sich teilweise bereits auf der Karte ausmachen lassen.
Der Stadtteil Canareggio im Nordosten wird durch breite, parallel verlaufende Kanäle gegliedert. Umso mehr fällt hier eine kleine runde Insel auf, die nur über drei Brücken mit den umliegenden Strassen und Häusern verbunden ist. Bis zum Ende des 15. Jh. befanden sich auf dieser Insel die Gießereien Venedigs, daher ihr Name „Ghetto“. 1516 wurde vom Senat beschlossen, dass sich Juden in Venedig ausschließlich auf dem begrenzten Raum des Ghettos ansiedeln durften. Auf diese Weise ent,wickelte sich die Insel zum Zentrum des jüdischen Lebens in Venedig.
Ein weiteres Zentrum bildete sich an einem der nur drei Übergänge über den Canal Grande im Rialto. Hier befindet sich, an einer scharfen Biegung, die engste Stelle des Kanals, so dass schon 1175 die erste Brücke gebaut wurde. Der Rialto wurde zum Geschäftsviertel Venedigs. Banken, Kaufleute aber auch die Stadtverwaltung siedelten sich hier an. Die Brücke über den Canal Grande hielt der Belastung nicht stand. Immer wieder stürzte sie in den kommenden Jahrzehnten und Jahrhunderten ein und musste neu aufgebaut werden. 1591 wurde schließlich die überdachte Steinbrücke fertig gestellt, die immer noch steht.
Im Süden der Stadt, wo der Canale di San Marco eine breite Bucht bildet, liegt der Markusplatz. Eine befestigte Hafenmauer, der Molo, trennt ihn vom Wasser des Bacino di San Marco. Der Platz selber hat von oben gesehen die Form eines L. Das längere Ende wird Piazza, das kürzere Piazetta San Marco genannt. Mit der Markuskirche und dem Dogenpalast befanden sich hier sowohl das geistliche als auch das politische Zentrum der Republik Venedig.
Im Osten der Stadt fällt ein großes Wasserbecken auf. Hier befand sich seit Anfang des 12. Jh. das Zentrum des venezianischen Schiffbaus, der Arsenal. Von zahlreichen Werften und weiteren Industriebetrieben wurden hier, vor allem zu Zeiten der Republik, Kriegs- und Handelsschiffe gebaut und ausgerüstet. Westlich des Arsenals erstreckt sich schließlich das große Hafengelände.
Ob diese Beschreibung aus der Vogelperspektive jemandem weiter helfen könnte, der nie in Venedig gewesen ist, bleibt fraglich. Dennoch lassen auffällige Unterschiede zu anderen Stadtplänen, wie beispielsweise dem von Hildesheim, erwarten, dass Venedig auch in Realität vom gewohnten Bild einer Stadt abweicht.

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