Freitag, 9. Mai 2008

Vorstellung/Juliane Link/ Assoziationen zu Venedig

Assoziationen zu Venedig

Mein Bild von Venedig ist ambivalent, voller Widersprüche.

Da ist die Schönheit Venedigs, seine Prachtbauten im Sonnenlicht, seine unzähligen Brücken, engen Gassen, dann wieder weite Plätze, südliches Flair.

Die Stadt ein magischer Anziehungspunkt, ein Ort für Reisende, Suchende, zugleich die Frage danach, in wieweit das nicht alles nur Kulisse ist, Fassade, eine Projektionsfläche für Fantasien und Träume, eine Leerstelle, seltsam aufgeladen.

Venedig, die Stadt der Liebe, der Romantik, der Gondeln im Mondschein, laue Nächte, nah am Kitsch und doch voller Charme, dem ich erliegen möchte, damit ich nicht über Authentizität nachdenken muss, über die Frage nach der Vermarktung, nach der Vereinnahmung, nach dem Tourismusboom.

Davor graut es mir, vor billigen Postkarten und kitschigen Souvenirläden, Touristenschwärmen, überfütterten Tauben, überteuertem Kaffee, Rosenverkäufern, Schwarzmarkt auf den Brücken, vor diesen Menschenmassen, die ein Foto machen, nichts begreifen, wieder gehen, davor mich nicht wirklich ausnehmen zu können, wenn ich auch als Tourist komme.

Venedig, die Stadt, die dem Untergang geweiht ist, die langsam versinkt. Überall Verfall, ein stiller Niedergang, Feuchtigkeit, morbides Gemäuer, Hitze, Schmutz, Taubendreck überall, ein Gewirr aus Gassen, Enge, all das plötzlich vielmehr bedrückend als romantisch. Todessehnsucht, Dekadenz, Fin-de-Siècle-Stimmung, Schwermut, ich denke an Thomas Mann, Donna Leon, nirgendwo scheint der Tod angebrachter als hier.

Dann die Wahrzeichen der Stadt, Dogenpalast, Markusdom, Campanile..

Der Canal Grande, Lichtspiegelungen auf dem Wasser, die Lagune, Meeresgerüche, das alles ein dichtes Gewebe von Eindrücken, Erinnerungen, Stimmungen, Postkartensujets, die miteinander verschmelzen. Für mich ergibt sich daraus kein eindeutiges Bild, mehr ein Fotoalbum, eine Sammlung ganz unterschiedlicher Bilder, die doch alle irgendwie für diese Stadt stehen: Venedig.

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