Mittwoch, 30. April 2008

Venedig/ Vorstellung/ Katharina Stockmann/ Ein Bild von Venedig

Ein Bild von Venedig kann man hier in Paris zum Beispiel im Louvre finden. Geradeaus an der Mona Lisa vorbei in einem Nebenraum auf der rechten Seite hängt der „Blick auf San Marco“ eines Malers, der passenderweise Antonio Canal oder Canaletto heißt.

Die Stadtansicht entspricht ziemlich genau den Vorstellungen, die ich von Venedig habe, wahrscheinlich gerade deshalb, weil ich noch nie da war.

Der Blick auf Venedig geht von einer glatten Wasserfläche mit glitzernden Lichtreflexen aus. Im Vordergrund sind mehrere kleine Boote zu sehen, auf denen Männer mit roten Mützen und braunen Westen rudern, Seile festzurren und miteinander diskutieren. Eine Venezianerin wird auf einer Gondel vorbeigefahren. Andere Gondeln sind entlang des Ufers festgemacht. Eine ist besonders groß und nicht schwarz, sondern golden, wahrscheinlich die des Dogen von Venedig. Den Hintergrund bildet die Silhouette der Stadt mit dem Glockenturm der Markuskirche, dem Markusplatz und dem Dogenpalast, der sich rosa vor den ansonsten grau-blauen Farben des Gemäldes abhebt.

Über der gesamten Komposition hängt ein feiner gräulich-weißer Dunstschleier, der sich in Nebelwolken vor dem blauen Himmel fortsetzt.

Canalettos Auftraggeber, wahrscheinlich englische Touristen, hatten sich wohl ein Bild gewünscht, dass alle Elemente versammelt, die als typisch für Venedig gelten. So unterscheidet sich das Gemälde kaum von Abbildungen heutiger Postkarten und Reisekataloge.

Viel Wasser und damit auch Kanäle, Gondeln und Brücken sind auch das erste, was mir einfällt, wenn ich an Venedig denke. Allerdings verbinde ich mit der Lage der Stadt in der Lagune auch, dass es Überschwemmungen gibt, eine hohe Luftfeuchtigkeit, Schwüle, Nebel und unangenehme Gerüche. Immer wieder kann man auch lesen, dass Venedig eines Tages ganz in der Lagune versinken wird.

Vielleicht ist es gerade ihr möglicher Untergang, der die Stadt so geheimnisvoll macht. Sie scheint eine besondere Wirkung auf jeden zu haben, der sie besucht. In Thomas Manns Erzählung „Der Tod in Venedig“ wird ein alternder Dichter auf einer Reise in die Lagunenstadt plötzlich heftig wie nie von verzehrender Leidenschaft gepackt. Venedig gilt als romantisch und deshalb auch als klassisches Ziel für Hochzeitspaare in den Flitterwochen.

Nicht zuletzt ist es natürlich die Kunst, die die Stadt so berühmt macht. Maler wie Tizian und Tintoretto waren vor allem für die besonderen Farben ihrer Gemälde bekannt. Im nächsten Jahr findet wieder die Biennale von Venedig statt. Sie sorgt dafür, dass auch im 21. Jahrhundert neue Bilder der Lagunenstadt entstehen. Wie zum Beispiel die Fotos, die die Aktion „Nellanutella“ der Künstlergruppe Gelitin dokumentieren. Vor den Häusern und Brücken der Stadt stürzen sich die vier Österreicher auf unterschiedlichste Weise in das trübe Wasser der Kanäle und machen aus der Postkartenansicht eine Slapstickkomödie.

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